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09.11.2016 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Amerika macht rückwärts, Kommentar zur US-Wahl von

Claus Döring

Frankfurt (ots) - Noch nie hat der amerikanische Wähler solch

einen politischen No Name zum Präsidenten gewählt wie jetzt Donald

Trump. Ist er wirklich so, wie er sich im Wahlkampf gegeben hat? Will

und wird er tatsächlich all das umsetzen, was er seinen Wählern

versprochen hat? Das sind die offenen Fragen nach dem überraschenden

Wahlausgang, mit dem weder die professionellen Wahlbeobachter noch

die Märkte noch das politische Establishment gerechnet hatten. Denn

schon Trumps Aufstieg zum Kandidaten der Republikaner galt den

meisten Beobachtern als Betriebsunfall. Der Immobilientycoon ist zwar

als Kandidat der Republikaner in den Wahlkampf gezogen, aber er ist

kein Politiker und führender Kopf der Grand Old Party. Die

Republikaner, deren Wurzeln auf Abraham Lincoln und die Abschaffung

der Sklaverei zurückgehen, waren eher das Vehikel, das der Populist

Trump geschickt nutzte, um seinen mit der Marke Trump verknüpften

moralischen Alleinvertretungsanspruch publik und am Ende

mehrheitsfähig zu machen. Die bevorstehende Präsidentschaft Trumps

erinnert an die Mahnung, die schon vor 230 Jahren ein Autor unter dem

Pseudonym Cato angesichts der Machtfülle des amerikanischen

Präsidenten so formulierte: Der Präsident könne zu einem "Caesar,

Caligula, Nero oder Domitian in Amerika" werden.

Dass das Amt den künftigen Präsidenten prägen möge, erscheint nach

den bisherigen Erfahrungen mit Trump als frommer Wunsch. Seine

Ansprache nach dem Wahlsieg ließ jedenfalls noch nicht erkennen, wie

der Unterschied zwischen dem Wahlkämpfer und dem Präsidenten aussehen

könnte. Zwar versuchte er, die Verletzungen des Wahlkampfes etwas zu

heilen, indem er die Leistung Hillary Clintons würdigte und

versicherte, der Präsident aller Amerikaner sein zu wollen. Doch ließ

er keinen Zweifel, dass für ihn all das im Zentrum seiner

Präsidentschaft stehen wird, was er persönlich unter "amerikanischem

Traum" versteht. Ein Traum, in dem die Vergangenheit nostalgisch

verklärt wird. Ein Traum, aus dem viele Amerikaner jäh gerissen

wurden durch das Tempo des technischen Fortschritts und der

Globalisierung.

Alles, was Amerika einst groß gemacht hat, will Trump zurückholen:

qualmende Industrieschlote, sprudelnde Ölquellen und weitgehend

unregulierte Finanzmärkte und Banken. Wer sich wie Trump trotz

eigener Pleiten für einen erfolgreichen Unternehmer hält, wird mit

der versprochenen Senkung der Unternehmenssteuern bei zugleich

wachsenden staatlichen Investitionen und hochschnellender

Staatsverschuldung wenig Probleme haben. Die amerikanische Notenbank

muss es dann richten. Die Fed wird nicht mehr der Geldwertstabilität

und Vollbeschäftigung verpflichtet sein, sondern der Finanzierung des

"America First". Und je erfolgreicher Trump der Welt seine Vision

aufdrückt, desto leichter wird er das amerikanische Haushaltsdefizit

über den Dollar als internationale Leitwährung durch das Ausland

bezahlen lassen können. Wie lange wohl erlaubt Trumps

Selbstverständnis freie Wechselkurse?

Internationale Arbeitsteilung, eine offene Gesellschaft, Schutz

der Umwelt, Toleranz und Solidarität kommen in Trumps Traum nicht

vor. Für viele Freunde Amerikas beginnt ein Albtraum.

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