17.08.2017 20:49:40

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Börsen-Zeitung: Alles ist möglich, Kommentar zur Zukunft von Air

Berlin von Lisa Schmelzer

Frankfurt (ots) - In Zeiten des Wahlkampfs ist alles möglich. Da

wird aus einem Insolvenzverfahren, das eigentlich die Sanierung eines

Unternehmens zum Ziel hat, ein Basar, der nur dem Feilschen und

Verkaufen dient. Da werden aus Ministern, die um Neutralität bemüht

sein sollten, Lobbyisten im - selbstverständlich ehrenamtlichen -

Dienste der Lufthansa. Da werden aus Gläubigern, sonst in

Insolvenzverfahren stark involviert, Randfiguren. Und da werden aus

Wettbewerbshütern, die Einwand erheben, Spielverderber. Insofern war

der Zeitpunkt für die Air-Berlin-Insolvenz gut gewählt, denn in

Zeiten des Wahlkampfes ist tatsächlich alles möglich.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wünscht sich einen

"deutschen Champion" im Luftverkehr. Den wird er bekommen. Ob es am

Ende tatsächlich die beste Lösung ist, wenn Air Berlin mehr oder

weniger komplett bei Lufthansa landet, sei dahingestellt. Wer denkt,

damit könnten möglichst viele Arbeitsplätze gerettet werden, irrt,

denn zunächst verlieren alle Mitarbeiter ihren Job und können sich

dann neu bewerben. Mit offenem Ausgang.

Ob die Lufthansa, heute schon der "deutsche Champion", durch das

Verschwinden von Air Berlin und eine Aufnahme eines Großteils der

Flotte des Konkurrenten tatsächlich gestärkt wird, muss sich erst

noch zeigen. Denn die Integration von 80 oder mehr Flugzeugen ist ein

Kraftakt, den es zu stemmen gilt. Die Tochter Eurowings, bei der die

meisten Flugzeuge landen sollen, ist schon heute ein

Gemischtwarenladen, der alles in allem noch zu hohe Kosten hat, um

tatsächlich konkurrenzfähig zu sein.

Und die Konkurrenz wird nicht ruhen, nur weil der Marktführer

größer geworden ist. Deutschland ist im Vergleich zu anderen Märkten

noch relativ wenig von Billigfluganbietern durchdrungen, Ryanair und

Easyjet haben mit ihrer Expansion gerade erst angefangen. Auch

Easyjet kann sich Hoffnung auf ein Stück Air Berlin machen und hat

dann mehr Schlagkraft.

Ryanair ist jahrelang vom deutschen Steuerzahler alimentiert

worden, die Iren wurden mit Vergünstigungen an landeseigene regionale

Flughäfen gelockt. Das muss man im Hinterkopf haben, wenn man die

Klage gegen die Kreditbürgschaft des Bundes für Air Berlin beurteilen

will. Mit seiner Einschätzung, dass etwas nicht mit rechten Dingen

zugehen kann, wenn sich die Nummer 1 und die Nummer 2 am Markt

einfach so zusammentun können, liegt Ryanair-Chef Michael O'Leary

aber richtig. Was er vielleicht vergessen hat: Es ist Wahlkampf.

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