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27.11.2015 19:31:39

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Börsen-Zeitung: Alles außer Ketchup, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Das große Finale - so nennt die Commerzbank in

ihrem wöchentlichen Zinsausblick das Ereignis, das den

internationalen Finanzmärkten in der neuen Handelswoche ins Haus

steht. Am Donnerstag wird Mario Draghi, Präsident der Europäischen

Zentralbank (EZB), vor die Presse treten und der Öffentlichkeit die

bislang größte Shoppingtour seines Hauses in Sachen Bonds ankündigen.

Die Erwartungen, die die Marktteilnehmer an ihn stellen, sind hoch.

Aber bislang hat es Draghi in Sachen Quantitative Easing (QE) - wie

die unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik genannt werden -

immer wieder geschafft, auch die kühnsten Erwartungen noch zu

übertreffen. So wird es wohl auch dieses Mal sein. Eine Enttäuschung

können sich Draghi und Co. einfach nicht leisten.

Doch was erwarten die Märkte jetzt eigentlich schon? Eine

Ausweitung von QE gilt als ausgemachte Sache. Wie wird diese

Ausweitung aussehen? Die Marktakteure gehen davon aus, dass die seit

März dieses Jahres laufenden Staatsanleihekäufe zeitlich ausgedehnt

werden. Bislang sollten die Käufe bis September 2016 laufen. Damit

einhergehen könnte, dass eine Verlängerung um ein oder zwei Jahre

kommuniziert wird. Die EZB könnte sich aber auch dafür entscheiden,

noch einen Schritt weiter zu gehen, wie die Zinsstrategen der

Commerzbank aufzeigen. Die EZB könnte erklären, dass die Käufe jetzt

einfach "so lange wie nötig" erfolgen.

Des Weiteren gehen die Marktteilnehmer von einer volumenmäßigen

Erhöhung aus. Fragt sich nur, wie viel? 500 Mrd. Euro oder doch

besser gleich 1 Bill. Euro? Oder noch mehr? Man darf gespannt sein.

Die Volumenfrage steht auch im Zusammenhang mit der Frage nach der

künftigen Zusammensetzung des Bondkaufprogramms. Welche Anleihen

werden künftig noch gekauft? Das könnten zum Beispiel die Anleihen

unterhalb der Ebene Zentralstaat sein, denn auf der Ebene der

Zentralstaaten und darüber (supranationale Adressen und Agencies)

wird ja schon gekauft. So könnten demnächst Anleihen der deutschen

Länder und entsprechende Papiere in anderen Staaten (Regionen,

Provinzen) gekauft werden. Auch Städte-Bonds und entsprechende

gemeinschaftliche Emissionen (von Ländern etwa) könnten ins

Kaufprogramm aufgenommen werden.

Die EZB könnte auch noch weiter gehen. Die nächsten Assets, die

sie in Angriff nehmen könnte, wären dann Anleihen von staatsnahen

Adressen. Oder sie geht gleich in den Bereich der

Unternehmensanleihen, zunächst "nur" Investment-Grade-Papiere,

verbunden aber mit der Perspektive, dass es später dann auch zu

Käufen in den High Yieldern kommen könnte, die bekanntlich heute

schon auf Rendite-/Marktzinsniveaus handeln, die Otto Normalanleger

vor einigen Jahren noch auf seinem Sparbuch sah.

Doch das ist noch nicht alles. Vermutlich - und davon gehen die

meisten Marktteilnehmer aus - senkt die EZB auch noch den Einlagesatz

weiter in den negativen Bereich ab. Denn sie selbst hat es sich ja

zur Vorgabe gemacht, nur Anleihen bis zur Renditeuntergrenze des

negativen Einlagesatzes (derzeit minus 0,2%) zu kaufen. Am kurzen

Ende der Kurve sind aber schon so viele Anleihen von Eurozonenländern

ins Negative gerutscht, dass diese Grenze schon einen limitierenden

Faktor darstellt - um es mal salopp zu formulieren. Eine weitere

Absenkung verschafft somit neuerlichen "Kaufspielraum". Die

Commerzbank-Experten vermuten, dass vielleicht auch Freibeträge für

die Banken beim Negativzins eingeführt werden und die Banken sich

dann nach Anlageopportunitäten umsehen. Das könnte außerhalb des Euro

sein. Was wären die Effekte? Die Gemeinschaftswährung würde dann

weiter geschwächt werden. Und die Renditen der Anleihen werden bei

einer Ausweitung des Programms nur einen Weg einschlagen, und zwar in

Richtung Keller.

Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders, und die bisherigen

Überlegungen der Analystenschar erweisen sich am Donnerstag als

Makulatur, weil die EZB sich ein noch viel größeres Paket und noch

ganz andere Instrumente ausgedacht hat. Dann werden wohl Erinnerungen

an März 2009 wach, als die US-Notenbank mit ihrer

Bond-Shoppingtour-Ankündigung die Finanzmärkte durchschüttelte.

Seinerzeit fassten die Zinsanalysten der Commerzbank das

US-Mega-Bondkaufprogramm der Fed wie folgt zusammen: "Die Fed kauft

alles außer Ketchup." Und mancher Marktteilnehmer fragte sich mit

Verweis auf die Haltbarkeit toxischer MBS (Mortgage Backed

Securities): Wieso eigentlich keinen Ketchup? Mal sehen, ob Draghi

bis zum Ketchup geht.

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