29.06.2022 20:30:38
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Armutszeugnis, Kommentar zum Chaos an den Flughäfen von Lisa Schmelzer
Frankfurt (ots) - Drei Bundesministerien sind derzeit damit beschäftigt, des
aktuellen Flugchaos Herr zu werden. Als hätte die Politik nichts anderes zu tun!
Aber die Luftfahrtbranche ist immer schnell dabei, Hilfe bei der Politik
einzufordern, wenn es mal wieder klemmt. Und in Ministerien wird der Hilferuf
meist schnell erhört, hat doch immer der Verbraucher zu leiden, wenn es klemmt,
also der Wähler. Der soll doch nun ohne Probleme nach mehr als zwei Jahren
Pandemie in den Urlaub fliegen können, also sorgen die Minister des Inneren, für
Arbeit und Verkehr dafür, dass ausländische Mitarbeiter übernehmen können.
Die Corona-Pandemie hat gerade in der Luftfahrtbranche noch nie dagewesene
Schäden angerichtet. Der Verkehr hat sich nun außerdem schneller erholt als
erwartet. Das macht eine korrekte Planung für Personal und Abläufe nahezu
unmöglich, zumal das Hochfahren eines derart komplexen Systems an und für sich
schon eine große Herausforderung ist. Dennoch können sich Airlines und Flughäfen
nicht allein damit herausreden. Lufthansa-CEO Carsten Spohr hat nun erstmals
kundgetan, man habe es wohl mit dem Sparen in der Krise übertrieben, und hat
damit ein wahres Wort gesprochen. Statt die Milliardengelder, die diverse
Staaten zur Verfügung gestellt haben, zu nutzen, um möglichst viele Mitarbeiter
an Bord zu halten, wurde vielmehr in Abfindungsprogramme investiert, um
möglichst viel Personal loszuwerden. Das fällt den Unternehmen jetzt auf die
Füße - und den Flugreisenden.
Besonders ärgerlich ist der Hilferuf an die Politik, weil sich gerade viele
Fluglinien sonst jede politische Einmischung verbitten. Selbst als der Lufthansa
während der Pandemie das Geld auszugehen drohte und der Staat Milliarden
verteilte, kämpften Spohr und sein Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley vehement
gegen zu viel politische Mitsprache. Die Finanzmittel wurden schnellstmöglich
zurückgezahlt, wegen der steigenden Zinsen, aber auch, um Einflussnahme des
Staates etwa bei M&A-Transaktionen und Vergütungen zügig zu unterbinden.
Im Übrigen wurde immer wieder betont, dass man angesichts der Pandemie völlig
unverschuldet in eine existenzielle Krise geraten sei. Das mag so sein. Wäre
aber nicht über Jahre die Liquiditätsdecke dünn gehalten worden, hätte man sich
sicher länger selbst über Wasser halten können. Gerade die Lufthansa muss sich
also fragen lassen, ob das ein oder andere Problem der Gegenwart und der
Vergangenheit nicht vor allem hausgemacht ist. Dass es jetzt mal wieder der
Staat richten soll, ist auf alle Fälle ein Armutszeugnis für die ganze Branche.
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