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30.09.2021 20:32:38

OTS: Börsen-Zeitung / 4,1 Prozent, Kommentar zur Inflation von Mark Schrörs

4,1 Prozent, Kommentar zur Inflation von Mark Schrörs

Frankfurt (ots) - Jetzt steht also in Deutschland bei der Inflation eine 4 vor

dem Komma. Ganz konkret lag die Teuerung im September bei 4,1 Prozent - der

höchste Wert seit fast 28 Jahren. Und in den nächsten Monaten könnte es noch auf

5 Prozent gehen - womit jene Marke ge­knackt wäre, bei der laut der von der

bayerischen CSU propagierten "Inflationsbremse" die Europäische Zentralbank

(EZB) "handeln muss". Ganz so leicht wie in der Weißwurscht-Ökonomie er­­dacht

ist es aber doch nicht.

Zunächst einmal und allem voran: Für Inflationspanik be­steht aktuell kein

Anlass. Vieles spricht dafür, dass zumindest die aktuellen Inflationsniveaus

temporär sind und sie schon im kommenden Jahr wieder etwas sinken. Vergleiche

mit den "Weimarer Verhältnissen" der 1920er Jahre mit Hyperinflation sind da in

der Tat überzogen. Richtig ist aber auch, dass künftig strukturell wieder mit

mehr Inflation zu rechnen ist als in den vergangenen Jahren. Nun hat Inflation

zwar auch in Deutschland einige Gewinner. Es gibt aber auch viele Verlierer, und

das vor allem in der Mittelschicht. Es gilt, diese Sorgen ernst zu nehmen - und

wo nötig und möglich zu handeln.

Diese Mahnung richtet sich zunächst an die EZB. Die Euro-Granden dürfen solche

Ängste nicht wegwischen. Vor allem aber sollten sie das Inflationsrisiko nicht

leichtfertig abtun. Die Geschichte lehrt, dass selbst eine aufgrund von

Sonderfaktoren ei­­gentlich nur vorübergehende In­flation schnell zum

permanenten Problem werden kann, wenn sie nur lange genug andauert. Die EZB muss

da in ihrer Kommunikation klar(er) machen, dass sie notfalls alles tun wird, das

zu verhindern - und dann auch handeln. Das gilt umso mehr, als nicht nur eine

straffere Geldpolitik den Aufschwung bremsen kann. Auch eine anhaltend hohe

Inflation wirkt etwa über die Verunsicherung der Unternehmen und die

Kaufkraftverluste der Konsumenten als mächtiger Bremsklotz für die Konjunktur.

Aber auch die Politik ist ge­fragt. Ökonomisch irrsinnige Vorschläge wie ein

quasi automatisches Gegensteuern der EZB ab 5 oder X Prozent Inflation à la

CSU-Chef Markus Söder helfen niemandem und sind potenziell brandgefährlich.

Stattdessen muss die Politik ernsthaft darüber nachdenken, wie sie notfalls

Bürger und Unternehmen entlasten kann, wenn etwa wie derzeit die Gaspreise

explodieren. Generell braucht es beim Übergang in die CO2-neutrale Wirtschaft

mehr Fokus auf mögliche soziale Härten. Und es braucht dringend bessere Anreize

für die private Altersvorsorge und eine bessere Finanz- und Vermögensbildung.

Dass die Deutschen bei Inflation besonders ächzen, hat auch damit zu tun, dass

sie ihr Geld sehr ineffizient anlegen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

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