05.01.2014 18:31:31

OTS: BERLINER MORGENPOST / BERLINER MORGENPOST: Gefahr für den Bürgersinn - ...

    BERLINER MORGENPOST: Gefahr für den Bürgersinn - Leitartikel von Joachim Fahrun    Berlin (ots) - Niemand möge behaupten, die Bekämpfung der internationalen Banken- und Staatsschuldenkrise koste bisher fast nichts. Die Notenbanken fluten die Finanzmärkte mit Milliarden Dollar und Euro, die Banken können sich fast zum Nulltarif frisches Kapital beschaffen. In der Folge sind die Zinsen so niedrig, dass es kaum noch möglich ist, Geld einigermaßen risikoarm anzulegen und dafür dennoch eine halbwegs angemessene Rendite zu erzielen.

   Die Zeche für diese Politik zahlen Millionen von kleinen Sparern, Käufer von Lebensversicherungen - und auch die vielen kleinen Stiftungen, in denen zunehmend Menschen einen Teil ihres Vermögens einbringen, um damit vielfältige gute Zwecke zu verfolgen. Wer heutzutage aus ein paar Hunderttausend Euro Stiftungskapital so viel erwirtschaften möchte, um so zu helfen, wie er sich das vorgenommen hat, muss schon sehr erfindungsreich sein. Viele Menschen, die nicht so einfach wie die millionenschweren großen Stiftungen in Unternehmensanteile, Wald oder Immobilien investieren können, schaffen das nicht. Sie verzehren ihr Vermögen oder reduzieren ihre Leistungen deutlich.

   Gerade für Berlin ist dieser Trend fatal. Denn anders als in großbürgerlich geprägten Städten wie Hamburg, wo das Stiften schon viele Jahre zum guten Ton gehört, ist diese Art des privaten Engagements für die Berliner Gesellschaft gerade erst zart erblüht. Immerhin 24 Stiftungen wurden in der Stadt nach den letzten vorliegenden Zahlen im Jahr 2012 errichtet. Sie wollen Bedürftigen helfen, die Bildung verbessern, Kultur fördern.

   Das ist gut und lobenswert und ein Zeichen dafür, dass sich auch in Berlin 25 Jahre nach dem Fall der Mauer ein gewisser privater Wohlstand gepaart mit Bürgersinn herausbildet. Es wäre schade, wenn dieses Engagement in der möglicherweise noch lange anhaltenden Niedrigzinsphase wieder einschlafen würde. Für kleine Stiftungen gibt es eigentlich nur einen Ausweg aus dem Dilemma. Sie müssen sich zusammenschließen, so die Kosten mindern und ihre Kapitalbasis verbreitern, um auch in Zeiten der Krise auskömmliche Renditen erwirtschaften zu können.

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