09.10.2015 21:32:37

Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert: Deutschland in Unordnung

Gera (ots) - Unordnung - das können wir Deutsche gar nicht haben. Reglementierungen, Planungen, Verlässlichkeit - das ist unsere Welt. Wir erwarten pünktlich morgens um Halbsechs die Zeitung im Briefkasten, kennen den Kalender der Müllabfuhr. Nie fällt der Strom aus und wir wissen, dass bei der ersten Schneeflocke jemand kommt, der sie wegfeudelt. Und nun das: Flüchtlinge kommen und niemand weiß, wie viel, wann sie kommen und wo man sie unterbringen kann. Plötzlich haben wir selbst mit unserer Zuverlässigkeit, die uns die Welt neidet, ein Problem. Wir können Sie nicht mehr leisten, schaffen es noch nicht einmal, alle Anträge zum Asylverfahren zu bearbeiten. Unbearbeitete Anträge in Deutschland - das ist schlimm. Aber dass man noch nicht mal weiß, wie viel Anträge unbearbeitet sind, ist geradezu ein Schock für die deutsche Seele.

Entsprechend verunsichert reagieren Volk und Politik, zwiegespalten. Die Einen flüchten sich in Demonstrationen, die keine offenen Fragen beantworten, sehen sich in die rechte Ecke gedrängt, die natürlich versucht diffuse Ängste vor Zuwanderern für ihre Zwecke zu missbrauchen. Die Anderen spielen die Demütigen, die auf Knien am liebsten jeden Flüchtling persönlich willkommen heißen. In Gera musste jetzt sogar nach Jahrzehnten die DDR-Skulptur "Heilkraft und Heilkunst" vor einem alten Krankenhaus weichen, weil dort ab Montag Flüchtlinge einziehen. Man will deren Empfindungen nicht stören. Die Figuren der Skulptur sind nämlich nackt.

In diesem Stil darf es nicht weitergehen. Das Land ist zweigeteilt. Nur, wer ist konsensorientiert in der Lage, hier für Ausgleich zu sorgen, den deutschen Weg in der Frage der Aufnahme von Asylanten zu entwickeln? Einen Weg, den - wenn schon nicht alle, wenigstens die meisten Deutschen mitgehen können. Die Ordnung wieder herzustellen gehört dazu. Aber auch, dass polare Blöcke aufeinander zu gehen. In Thüringen hieße dies beispielsweise, Linke und AfD. Daran wird momentan niemand glauben. Das zeigt, wie schwierig die Aufgabe ist, Konsens beim Asyl zu finden.

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