27.04.2015 22:32:41

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Koalitionsausschuss mit mageren Ergebnissen Blinde Flecken Alexandra Jacobson, Berlin

Bielefeld (ots) - Es ist schon ein wenig dreist, sechs Stunden lang über Probleme zu reden und die Lösungen dann auf später zu verschieben. Die Spitzentreffen der Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD sind selten genug. Da erwartet man zu Recht handfeste Ergebnisse. Doch Schwarz-Rot scheint in der Innenpolitik die Lust am Regieren zu verlieren. Es mag ja in der Tat Wichtigeres geben als die Details der Mindestlohnumsetzung. Aber kürzlich erst erweckte Schwarz-Rot den Eindruck, dass ihnen die alltäglichen Sorgen der Bürger besonders am Herzen liegen. Deshalb haben sie einen Bürgerdialog eingerichtet. Zu den Nöten zählt aber etwa auch die Frage, ob Vereine ihren ehrenamtlich Beschäftigten den Mindestlohn bezahlen müssen. Sogar das Arbeitsministerium sieht hier eine Regelungslücke, doch geschehen ist bisher nichts. Es ist schon richtig, dass die Probleme immer komplexer werden. In keinem Bereich sind sie so kompliziert wie bei der Energiewende. Hier spitzen sich die Widersprüche zu. CSU-Chef Horst Seehofer scheint sich eine grundlegend andere Energiepolitik zu wünschen. In der SPD geht der Riss quer durch die Partei. SPD-Landesminister demonstrieren gegen den SPD-Wirtschaftsminister wegen seiner Pläne für eine Kohleabgabe. Wie geht es mit der Kohle weiter? Muss das Tempo der Energiewende gedrosselt werden? Das wüsste der Bürger schon gerne etwas genauer, aber offiziell wird weiter vertagt. Nun soll der Juni der Monat der Entscheidungen werden, auch beim Bund-Länder-Finanzausgleich. Warum fallen Entscheidungen immer nur in allerletzter Minute, woher kommt diese Unlust zur Festlegung? Doch keines dieser Probleme bringt die Große Koalition in wirklich ernste Bedrängnis. Dafür geht es dem Land schlicht zu gut. Und dafür ist die Opposition zu klein und zu schwach. Auch weiß jeder, dass Deutschland in Europa eine wichtige stabilisierende Rolle spielen muss. Doch die blinden Flecken in der Innenpolitik bleiben nicht ohne Wirkung. Sie vergrößern die Distanz zwischen Mensch und Politik.

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