02.01.2014 20:44:58

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Ex-Kanzleramtsminister Pofalla soll zur Bahn AG

Bielefeld (ots) - Ein Minister tritt ab. Einer der engsten Vertrauten der Kanzlerin will nicht mehr. Man dürfe nicht nur für den Job leben, 18 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Es müsse, heißt es, auch so etwas wie ein Privatleben geben. Ronald Pofalla tritt ab. Respekt! 15 Tage später taucht der Ex-Kanzleramtschef wieder auf. Pofalla soll zur Bahn AG wechseln. In den Vorstand. Ein neues Ressort wird nur für ihn geschaffen. Er soll sich um langfristige Unternehmensstrategie kümmern und Kontakte zur Politik halten, die in Berlin und die bei der EU in Brüssel. Geschätztes Jahressalär: zwischen 1,3 und 1,8 Millionen Euro. Die Bahn ist in Staatsbesitz. Das hat Geschmack! Selbstverständlich haben Politiker das Recht auf Veränderung. Selbstverständlich dürfen Ex-Minister privatisieren. Und selbstverständlich dürfen Ex-Zuarbeiter einer Regierungschefin, die viele Opfer für ihren Dienst bringen müssen, auch an sich, ihr Privatleben und ihre Interessen jenseits von Politik und Regierung denken. Aber der Wechsel zur Bahn wirft Fragen auf. Wenn Pofalla es fertigbrächte, alle Züge der Bahn künftig pünktlich fahren zu lassen, wäre man vielleicht geneigt, seinen Wechsel von Kritik zu verschonen. Aber das ist aussichtslos. Wenn Pofalla weniger arbeiten wollte - wie verträgt sich das mit einem Job, für den er zwischen Berlin und Brüssel pendeln muss? Wenn der Job weniger anstrengend sein soll, als es der bei der Kanzlerin war
wieso wird er dann auf der Spitzenebene des Vorstands angesiedelt und nicht - wie bislang - auf der Beraterebene? Wenn die Bahn zum Teil privatisiert werden soll - darf dann ein Ex-Minister unmittelbar nach seinem Ausscheiden ohne Unterbrechung dort neue Aufgaben übernehmen? Immer wieder suchen Politiker den Weg zu gut dotierten Jobs in der Wirtschaft. Ex-Kanzler Schröder tat es, Ex-Umweltminister Röttgen scheiterte damit. Gegen Merkels Ex-Staatsminister von Klaeden, der zu Daimler wechselte, laufen derzeit Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Nun will Pofalla zur Bahn. Die Kanzlerin profitiert von einem Vertrauten in dem Milliarden-Unternehmen. Für Merkel also mag der Wechsel in Ordnung sein. Für die Bürger bleibt es ein fragwürdiges Netzwerken.

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