06.02.2018 22:33:42
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Einigung im Tarifstreit der Metaller Zukunftweisend Wolfgang Mulke, Berlin
Bielefeld (ots) - Mit dem Pilotabschluss in der Metallindustrie
des Südwestens betreten die Tarifparteien Neuland. Verhandlungen
drehen sich künftig sicher auch anderswo nicht mehr nur um das
monatliche Entgelt und feste Arbeitszeiten. Freie Zeit ist mit der
Einigung zu einer zusätzlichen Verhandlungskomponente erwachsen. Die
Deutsche Bahn hat es vorgemacht, die Metaller sind nun die zweite
Gewerkschaft mit diesem Anliegen. Über die prozentuale Höhe des
Abschlusses spekulieren die Experten noch. Die Lohnerhöhungen sind
auf mehrere Posten verteilt. Sicher erscheint nur, dass die IG Metall
die geforderten sechs Prozent Plus nicht durchsetzen konnte, dass sie
aber deutlich höher liegt als die Inflation. Insofern können beide
Seiten zufrieden sein, zumal die Geschäfte in der Branche bestens
laufen. Die Forderung nach einer zeitweilig auf 28 Stunden verkürzten
Wochenarbeitszeit mit teilweisem Lohnausgleich konnte die
Gewerkschaft nicht in Reinform umsetzen. Es war aber beiden Seiten
wohl zu riskant, dafür einen teuren Streik zu riskieren. Das Ergebnis
ist zweischneidig. Einerseits können Eltern oder pflegende Kinder
ihre Arbeitszeit reduzieren. Andererseits können die Arbeitgeber auch
eine längere Wochenarbeitszeit vereinbaren, wenn es nötig wird. Im
besten Fall profitieren Unternehmen und Beschäftigte von der
wachsenden Flexibilität. Im schlechtesten Fall können die
Metallarbeitgeber die 35-Stunden-Woche in der Branche aushebeln.
Welche Variante zutrifft, wird erst die betriebliche Praxis zeigen.
Auf jeden Fall ist das Motto "Zeit oder Geld" zukunftweisend. Der
Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten ist ja nicht allein einer der
Arbeitgeber. Auch viele Arbeitnehmer möchten ihren Job mit anderen
zeitlichen Bedürfnissen unter einen Hut bringen. Starre Regeln
verhindern dies oft genug. Eine Art Öffnungsklausel im Interesse der
Beschäftigten ist ein Fortschritt, vielleicht sogar ein Luxus. Denn
die Verhandlungsmacht zur Durchsetzung beschäftigtenfreundlicher
Arbeitszeitregelungen bleibt wohl den Arbeitnehmern mit
vergleichsweise hohen Einkommen vorbehalten, die angesichts des
wachsenden Fachkräftemangels zudem gesucht sind. Paketboten oder
Wachschutzleute können von derlei Verständigungen nur träumen. So
nimmt die Spaltung der Arbeitnehmerschaft weiter zu, die Kehrseite
der Medaille.
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