17.08.2015 23:42:38

Neue Westfälische (Bielefeld): CDU-Parteireform Dilemma CARSTEN HEIL

Bielefeld (ots) - Es ist ja richtig. Eine große Partei, die den Anspruch hat, Volkspartei zu sein, muss ihre eigene Organisation schlank halten, muss attraktiv sein, was Mitbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten betrifft, und sie muss es den Menschen so leicht wie möglich machen, aktiv zu werden. Das reicht aber nicht. Nach Jahren der Stagnation versucht CDU-Generalsekretär Peter Tauber für seine Partei, die Organisation neu zu organisieren. Richtig mutig ist der Wurf jedoch nicht geworden. Das geht schon aus dem Titel hervor. "Meine CDU 2017 - Die Volkspartei" heißt die Überschrift. Sicherlich, in der schnelllebigen Zeit kann kaum ein Entwurf gelingen, der die kommenden zehn Jahre überspannt. Aber "Meine CDU 2017"? Erst im Dezember dieses Jahres soll ein Parteitag darüber endgültig abstimmen. Dann ist es fast 2016, und die neue Struktur soll demnach nur ein gutes Jahr gelten. Die CDU hat das Problem aller großen Organisationen. Sie verliert Mitglieder, büßt Bindungskraft ein und neue Freunde zu gewinnen gelingt allenfalls unverbindlich auf Facebook. Daran wird Tauber durch die Parteireform nichts ändern. Denn es ist ein grundsätzliches Phänomen, dass Menschen sich nicht mehr dauerhaft mit einer Institution identifizieren. Schon vor zehn Jahren stellte die Shell-Jugendstudie fest, dass junge Menschen sich zwar engagieren, aber meist nur in zeitlich befristeten Projekten, nicht dauerhaft für Parteien. Diese Jugendlichen sind inzwischen im parteifähigen Alter. Doch die Skepsis gegenüber grundsätzlichen Überzeugungen bleibt. Deshalb sind nicht die Fragen entscheidend, wann Gremiensitzungen anfangen, ob die Mitglieder bei der Aufstellung von Kandidaten gefragt werden oder wie hoch der Beitrag ist. Wichtiger ist, dass eine Partei inhaltliche Positionen hat, die ein Mitglied guten Gewissens vertreten kann. Genau da ist jedoch das Dilemma aller Parteien - auch der CDU. Es gibt das einheitlich konservative oder fortschrittliche Denken nicht mehr. Wer der CDU in Wirtschaftsfragen folgt, mag sich mit deren Moralpositionen gar nicht identifizieren. Und das ist nur ein Beispiel. Die Zeit der Volksparteien geht zu Ende, weil die Gesellschaft zu unterschiedlich geworden ist.

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