20.06.2013 22:15:00
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Neue OZ: Kommentar zu Justiz / Kriminalität / Islam
Beim Tod der 22-jährigen Frau im emsländischen Dörpen passte alles ins Bild: Eine junge Kurdin will aus der patriarchalischen Struktur ihrer streng religiösen Familie ausbrechen, verletzt damit das archaische Ehrgefühl des Oberhaupts und stirbt. Alles deutet zweifellos auf einen Ehrenmord hin.
Eben nicht! Nach einem halben Jahr Verhandlung ließ das Gericht in der Urteilsverkündung gestern die Theorie der Anklage in sich zusammensacken. Der Richter erwähnte jedoch beiläufig, dass die klassischen Umstände eines Ehrenmordes durchaus gegeben waren. Mehr aber auch nicht, denn die junge Mutter starb wohl aus anderen Gründen. Gründe, die offenbar nichts mit Nationalität oder Religion zu tun haben.
Gingen die Ermittler zu forsch vor? Hatten sie gar Scheuklappen vor den Augen? Bis zuletzt klammerte sich die Staatsanwaltschaft an die Ehrenmord-Theorie. Da war im Prozess längst deutlich geworden, dass ein Hauptbelastungszeuge wenig glaubwürdig und Abhörprotokolle missverständlich übersetzt waren. Auf dieser Basis zwei Menschen lebenslang hinter Gitter schicken zu wollen ist zumindest fragwürdig.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius beklagte gestern in einem völlig anderen Zusammenhang, in der Gesellschaft sei ein falsches Bild des Islam verankert. Auch in Teilen der Ermittlungsbehörden? Zumindest bleibt der Eindruck, im vorliegenden Fall sei nicht vorurteilsfrei ermittelt worden.
Dirk Fisser
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58964 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58964.rss2
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