12.07.2013 22:14:59

Neue OZ: Kommentar zu Ägypten / Demonstrationen / Präsident

Osnabrück (ots) - Kurzsichtiger Blick

Als die Muslimbrüder im Januar 2012 aus den ersten freien Parlamentswahlen seit Jahrzehnten in Ägypten als stärkste Kraft hervorgingen, erklärten manche Beobachter dies mit dem Wunsch der Menschen nach Stabilität. In den Wirren, die dem Sturz von Langzeit-Machthaber Husni Mubarak folgten, galt die gut organisierte Islamisten-Partei als Hoffnungsträger, um dem Land Frieden und Wohlstand zu bringen. Diese Erwartungen lasteten auch auf den Schultern Mohammed Mursis, des inzwischen abgesetzten Präsidenten aus den Reihen der Muslimbrüder. Er wurde ihnen nicht gerecht und bekam die Quittung dafür.

Dass nun viele seiner Gegner ihre Hoffnungen in Militärchef Abd al-Fattah al-Sisi setzen, muss vor diesem Hintergrund beunruhigen. Denn sie tun dies wieder aus dem verständlichen, aber fatalen Grund, dass sie sich nach einem Ende der Unruhen sehnen - und Al-Sisi dieses Durchgreifen zutrauen. Darüber vergessen sie jedoch, dass sie einen Mann zu ihrem Heilsbringer stilisieren, der etwa noch im vergangenen Jahr die diskriminierenden Jungfrauen-Tests an Demonstrantinnen auf dem Tahrir-Platz verteidigte.

Der kurzsichtige Blick ist den Ägyptern mit der Wahl der Muslimbrüder bereits einmal zum Verhängnis geworden. Nun umjubeln sie den Militärchef - und verdrängen dabei, dass die Armee rechtlich fragwürdig handelt, indem sie Islamisten jagt und Mursi ohne Anklage festhält.

Franziska Kückmann

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