05.06.2013 16:54:31
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Netzagenturchef fordert europäische Koordination der Energiewende
Von Hendrik Varnholt
Der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, hat angesichts mangelnder Zusammenarbeit in Europa vor einem Scheitern der Energiewende gewarnt. "Die deutsche Energiewende wird nicht zum Erfolg, wenn sie nicht europäisch gedacht wird", sagte der Behördenchef vor Mitgliedern des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Homann forderte eine stärkere Abstimmung beim Netzausbau und eine engere Zusammenarbeit bei der Förderung Erneuerbarer Energien. Jüngst hatten auch die Chefs europäischer Versorger eine einheitliche Energiepolitik in der EU angemahnt.
Homann wies etwa auf die Auswirkungen des deutschen Solar- und Windkraftbooms auf die Nachbarländer hin. Schon heute fließe Strom aus dem Norden Deutschlands teils über Leitungen in Ländern wie Polen und Tschechien in den Süden der Bundesrepublik. Die sogenannten ungeplanten Ringflüsse sorgen in den Nachbarländern für Verärgerung. Polen will sie mit technischen Mitteln begrenzen. Es sei wichtig, dass die Stromnetze künftig europäisch geplant werden, sagte Homann. Es dürfe nicht sein, "dass sich die Länder als Inseln betrachten". Dazu sei es auch nötig, das Fördersystem für Erneuerbare Energien zu europäisieren.
"Die Energiewende könnte günstiger sein als sie ist", sagte Homann zudem. Sie sei allerdings "nicht zum Nulltarif" zu erreichen. Letztlich sei es keine Frage, dass sich die Erneuerbaren Energien dem Wettbewerb stellen müssten. Im Moment dagegen gelte für Solar- und Windstrom das Prinzip "Produce and Forget" - produzieren und vergessen. Homann sagte, er könne sich für Neuanlagen eine verpflichtende Direktvermarktung vorstellen. Das Modell, das eine Abkehr von der festen Einspeisevergütung bedeuten würde, hatten im Februar schon Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ins Gespräch gebracht.
Mittelfristig drohe der Stromversorgung in Deutschland unter den aktuellen Bedingungen ein Kapazitätsproblem, warnte Homann. Schon heute bestünden Engpässe "südlich der Mainlinie". Diese allerdings beruhten allein auf mangelnden Transportmöglichkeiten vom stromreichen Norden in den verbrauchsstarken Süden. Sie seien derzeit zudem zu bewältigen. Unter den aktuellen Bedingungen blieben aber Investitionen etwa in Gaskraftwerke aus - und das, obwohl konventionelle Kraftwerke auch im Jahr 2050 noch notwendig seien, um bei wenig Sonne und Wind einzuspringen.
Vor allem Gaskraftwerke sind derzeit nicht profitabel zu betreiben, weil das zeitweilige Überangebot an Strom aus Erneuerbaren Energien die Großhandelspreise drückt. Energiekonzerne fordern vor dem Hintergrund eine Vergütung dafür, dass sie Erzeugungskapazität vorhalten.
Die aktuelle Situation bedrohe "seit langem die Existenz einiger Anlagen", hatte der Chef des größten deutschen Energieversorgers, Johannes Teyssen, zu Beginn der Woche während eines Branchentreffens in Bologna gesagt. Chefs von Energiekonzernen forderten in Bologna auch mehr europäische Zusammenarbeit: "Unsere Branche braucht in erster Linie eine einheitliche Energiepolitik, die das unilaterale Eingreifen durch nationale Regierungen beendet", sagte der Chef des italienischen Versorgers Enel, Fulvio Conti.
Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@dowjones.com
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June 05, 2013 10:24 ET (14:24 GMT)
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