05.03.2015 16:26:31

Nahles weist Kritik an Entwurf zur Tarifeinheit zurück

   BERLIN (AFP)--Nach heftiger Kritik von vielen Seiten hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihren Gesetzentwurf zur Tarifeinheit verteidigt. Das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit würden mit dem Gesetz nicht angetastet, sagte Nahles am Donnerstag zum Auftakt der ersten Lesung im Bundestag. Sie zeigte sich zudem davon überzeugt, dass der Gesetzentwurf verfassungskonform ist. Opposition und kleine Gewerkschaften kritisierten erneut das Vorhaben.

   Mit dem Tarifeinheitsgesetz will die Bundesregierung Konflikte lösen, die entstehen können, wenn mehrere Gewerkschaften innerhalb eines Betriebs Tarifverträge für eine Berufsgruppe aushandeln. Falls diese sich nicht untereinander auf eine einheitliche Position einigen, soll notfalls unter Einbeziehung eines Notars die Gewerkschaft mit der größeren Mitgliederbasis ermittelt werden. Nur die von ihr ausgehandelte Regelung soll dann für alle gelten.

   Die Tarifeinheit habe als Bestandteil der Tarifautonomie in Deutschland "eine sehr lange Tradition", sagte Nahles. Der Grundsatz "Ein Betrieb, ein Tarifvertrag" habe über Jahrzehnte Bestand gehabt. Nachdem das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zu diesem Grundsatz im Jahr 2010 aber geändert habe, komme die Regierung nun der "wiederholten und dringlichen Aufforderung" von Gewerkschaften und Arbeitgebern nach einer Neuregelung nach, führte die Ministerin aus.

   Mit Blick auf Vorwürfe, der Entwurf beschneide die Rechte der Arbeitnehmer und verbiete Streiks kleiner Gewerkschaften, sagte die Ministerin: "Fakt ist: All das tut das Gesetz nicht." Es gehe vielmehr darum, das Funktionieren der Tarifautonomie zu ermöglichen. "Streikrecht und Koalitionsfreiheit tasten wir nicht an", bekräftigte Nahles.

   Die Arbeitsministerin zeigte sich zudem von der Verfassungsmäßigkeit ihres Gesetzentwurfs überzeugt. Er sei "solide erarbeitet" und "sorgfältig geprüft" worden. "Wir sind überzeugt: Unser Vorschlag ist verfassungsgemäß."

   In dieser Frage erhielt Nahles Rückendeckung vom früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier. Er schrieb in einem Gastbeitrag für die Zeitung Die Welt: "Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber der Gefahr unbegrenzter Tarifpluralität begegnen will, die darin gesehen wird, dass der Arbeitgeber mit ständigen Tarifvertragsverhandlungen und Arbeitskämpfen überzogen werden kann."

   Die Linken werteten den Gesetzentwurf dagegen als "Verfassungsbruch mit Ansage". Darin würden die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht angegriffen, argumentierte die Linken-Fraktion laut Bundestag und forderte in einem Antrag die Rücknahme des Entwurfs.

   Der Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, kündigte erneut Verfassungsklage ein, sollte die Tarifeinheit in Kraft treten. Seine Gewerkschaft werde "zum frühestmöglichen Zeitpunkt" nach Karlsruhe ziehen, bekräftigte Henke im WDR.

   Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, sagte im Hessischen Rundfunk, er halte den Gesetzentwurf für sinnvoll, wenn er verfassungskonform sei. Gewerkschaften seien für die Beschäftigten immer erfolgreich gewesen, wenn sie gemeinsam verhandelt hätten. Für den DGB ist das Thema schwierig, da drei seiner Mitgliedsorganisationen - die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die Lehrergewerkschaft GEW - das Tarifeinheitsgesetz ablehnen.

   Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) unterstützt die geplante Gesetzesregelung. "Das Ergebnis eines Tarifabschlusses darf nicht in Gefahr sein, jederzeit durch neue Forderungen und Arbeitskämpfe in Frage gestellt zu werden", erklärte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer in Berlin. Ansonsten "zerfasert die Tarifautonomie".

   DJG/apo

   (END) Dow Jones Newswires

   March 05, 2015 09:55 ET (14:55 GMT)- - 09 55 AM EST 03-05-15

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