03.12.2013 21:54:59
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Pisa-Studie: Auf die Lehrer kommt es an von Louisa Knobloch
Seit dem "PISA-Schock" vior mehr als zwölf Jahren war die Veröffentlichung der neuesten Studienergebnisse ein Ereignis, dem deutsche Bildungspolitiker mit Bangen entgegenblickten. Gestern machte sich stattdessen Erleichterung breit: Bei "PISA 2012" erreichten deutsche Schüler erstmals in allen getesteten Bereichen - Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen - Ergebnisse, die über dem Durchschnitt lagen. Das ist zweifellos erfreulich. Es sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Probleme im deutschen Bildungssystem noch lange nicht gelöst sind. Eines der aufrüttelndsten Ergebnisse des ersten Leistungsvergleichs im Jahr 2000 war, dass die Bildungschancen in Deutschland besonders stark von der sozialen Herkunft abhängen. Hier hat sich den neuesten Zahlen zufolge zwar etwas getan - so erreichten Jugendliche aus Arbeiter- oder Zuwandererfamilien im Vergleich zu 2000 bessere Ergebnisse und besuchten zudem häufiger das Gymnasium. Von Bildungsgerechtigkeit kann jedoch noch längst keine Rede sein: In Mathematik, dem Schwerpunkt der aktuellen Studie, haben Schüler aus sozial bessergestellten Familien einen Leistungsvorsprung von über 40 Punkten gegenüber Jugendlichen aus Arbeiter- oder Zuwandererfamilien. Die Bildungsreformen, die nach dem "PISA-Schock" angeschoben wurden, sind noch im Gange. Die Diskussion um das achtjährige Gymnasium hält an - mittlerweile ermöglichen es einige Bundesländer, das Abitur wieder nach neun Jahren abzulegen. In Bayern wollen die Freien Wähler die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 per Volksbegehren erreichen. Und erst gestern kündigte der Bayerische Philologenverband ein eigenständiges Konzept für ein neues G9 an. Dabei hatten Ministerpräsident Horst Seehofer und Kultusminister Ludwig Spaenle weiteren Schulreformen erst kürzlich eine Absage erteilt. Es gibt viele Konzepte, wie sich der Lernerfolg der Schüler verbessern ließe: individuelle Fördermaßnahmen, der Ausbau von Ganztagsschulen, kleinere Klassen. Worauf kommt es aber wirklich an? Der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie sagt: Vor allem auf den Lehrer. Diese Erkenntnis klingt simpel, ist aber enorm wichtig. Denn das Selbstverständnis vieler Lehrer hierzulande sieht anders aus: Einer Allensbach-Umfrage von 2011 zufolge ist mit 48 Prozent fast die Hälfte der Lehrer der Meinung, wenig bis keinen Einfluss auf die Schüler zu haben. Dabei muss man nur an die eigene Schulzeit zurückdenken: Jeder hatte wohl Lehrer, die den Stoff erfolgreicher vermitteln konnten als ihre Kollegen. Dass man gute Lehrer braucht, um gute Schüler zu haben, zeigt der Blick auf PISA-Primus Finnland. Wer dort Lehrer werden möchte, muss in einer Aufnahmeprüfung seine Eignung für den Beruf unter Beweis stellen. Darüber sollte man in Deutschland auch nachdenken. An der Universität Passau können angehende Lehramtsstudenten freiwillig an einer Art Assessment Center teilnehmen und bekommen Feedback zu ihren Stärken und Schwächen - ein Schritt in die richtige Richtung. Wichtig ist auch, den Studierenden bereits in den ersten Semestern Praxiserfahrung zu ermöglichen. An der Universität Regensburg gibt es etwa ein Lernlabor, in dem Studierende des Fachs "Naturwissenschaft und Technik" mit Schulklassen arbeiten. Guter Unterricht muss jedoch mehr sein als eine Vorbereitung auf Schulleistungsvergleiche. Die Ergebnisse der PISA-Spitzenreiter China, Korea und Japan sind mit Vorsicht zu genießen. In diesen Ländern besuchen die Schüler nach dem Unterricht oft private Paukanstalten, der Leistungsdruck ist immens. Es wäre falsch, sich das dortige Bildungssystem für PISA 2015 zum Vorbild zu nehmen.
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