07.06.2015 21:52:38
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zum G7-Gipfel
Regensburg (ots) - Bayern, wie man es von Postkarten kennt:
Blasmusik, Gebirgsschützen in schmucker Uniform, überqellender
Blumenschmuck auf den Balkonen, Weisswurst und Weissbier. Die Bilder,
die Angela Merkel und ihr G7-Gast Barack Obama gestern in Krün
produzierten, taugen für die Abteilung: Wie schön ist unsere Welt.
Doch die Welt ist nicht nur weiß-blaue Bergidylle. Unser Globus mit
mehr als sieben Milliarden Menschen, zig Problemen, blutigen
Konflikten, dem ungelösten Klimaproblem und und und braucht nicht nur
wunderschöne oberbayerische Postkartenbilder mit prostenden
Staats-und Regierungschefs, sondern vor allem Anschübe, um diese
globalen Herausforderungen auch wirklich anzugehen. Doch dazu ist der
Rahmen solcher Treffen von sieben selbst ernannten Weltenlenkern viel
zu klein. Auch die nachhaltige Wirkung vorangegangener Treffen geht
leider gegen Null. Dabei ist natürlich nichts dagegen einzuwenden,
dass sich diese Spitzenpolitiker treffen und miteinander reden.
Direkte Gespräche, noch dazu in zwangloser Atmosphäre, sind allemal
besser als übereinander zu reden, als Missverständnisse, erst Recht
als Handels-, Finanz- oder gar heiße Kriege zu führen. Nur hätte man
dann auch China, Indien oder Brasilien einladen müssen. Auch dem
"Krim-Krieger" Wladimir Putin, vor acht Jahren beim G8-Treffen in
Heiligendamm noch ganz selbstverständlich im überdimensionalen
Strandkorb an der Seite der Kanzlerin und des US-Präsidenten dabei,
müsste von Schloss Elmau aus zumindest die Perspektive für eine
Rückkehr in die erlauchte Runde bekommen. Was freilich nichts daran
ändern würde, dass wie Welt die russische Krim-Besetzung und das
Zündeln in der Ost-Ukraine grundsätzlich und als völkerrechtswidrig
ablehnt. Aber reden muss man mit dem Macho im Kreml schon, der einst
in den Augen vieler Staatschefs immerhin als demokratischer
Hoffnungsträger galt. Das vor 40 Jahren von Kanzler Helmut Schmidt
und dem französischen Präsidenten Valery Giscard d'`Estaing nach
Währungsturbulenzen ins Leben gerufene Gesprächs-Format auf höchster
Ebene stößt in der heutigen Zeit offenbar an Grenzen. Die Welt hat
nach dem Ende des Kalten Krieges, im Grunde einer Ordnung des
Schreckens, noch keine neue, halbwegs funktionierende Ordnung
gefunden. Manche klagen, sagt der deutsche Außenminister, dass die
Welt "aus den Fugen geraten" sei. Das ist richtig. Und die einstige
Weltmacht USA, immer noch die stärkste Militärmacht, hat global an
Einfluss verloren. Militärische Konflikt-Lösungsversuche, siehe Irak
oder Afghanistan, haben eher das Gegenteil bewirkt und viele Opfer
gekostet, statt zu befrieden. Die Welt ist vertrackter und
komplizierter als noch zu den - vergleichsweise überschaubaren -
Zeiten der Blockkonfrontation zwischen Ost und West. Doch
verantwortliche Politik darf sich mit diesem dramatischen Befund
nicht abfinden. Nicht nur die globalen Probleme sind größer geworden,
sondern auch die technischen, ökonomischen und finanziellen
Möglichkeiten, sie zu lösen. Was fehlt, ist der gemeinsame politische
Wille, was fehlt sind globale Lösungen im Rahmen der Vereinten
Nationen. Elmau hätte dann wirklich etwas gebracht, wenn man sich
darauf verständigte, die weitgehend einflusslose Uno zu reformieren
und zu stärken. Der Schutz des Weltklimas, der Kampf gegen Armut,
Krankheiten und Unterdrückung pochen unerbittlich an die Tür. Allein
mit schönen Bildern aus Oberbayern und unverbindlichen G7-Erklärungen
ist diesen Herausforderungen nicht beizukommen. Dann könnte man sich
den ganzen Aufwand auch gleich ersparen.
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