30.11.2014 19:32:58
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu FDP
Regensburg (ots) - Zuerst begleiteten Spott und Häme den Abstieg
der deutschen Freidemokraten aus dem Bundestag, dem sie seit Gründung
der Republik angehörten. Der Rauswurf aus diversen Landesparlamenten
wurden danach nur noch mit achselzuckender Gleichgültigkeit zur
Kenntnis genommen. Inzwischen kommt sogar so etwas wie Mitleid mit
der so tief gefallenen FDP auf. Heutige FDP-Aktivisten werden
geradezu mitleidig belächelt. Was, bei der Truppe bis du noch? Am
Wochenende versuchte die längst tot gesagte FDP, so etwas wie die
eigene Wiederauferstehung einzuleiten. Wieder mal. Und nicht
besonders originell mit einem Freiheitskongress. Der Weg zurück auf
die politische Bühne, in die Parlamente und in die Medien ist
offenbar langwieriger und dornenreicher, als sich das der
Hoffnungsträger und Jung-Vorsitzende Christian Lindner bei seiner
Wahl vor einem Jahr vorgestellt haben mag. Dabei sind, trotz der
miserablen Umfragewerte, die Voraussetzungen für ein Comeback der FDP
sogar günstig. Nach einem Jahr groß-koalitionärer Verteilungspolitik
aus dem Füllhorn ist der Bedarf an liberaler Politik, die auf
Freiheit und Eigenverantwortung setzt, so groß wie kaum zuvor. Doch
ob die gebeutelte FDP die klaffende Lücke wird ausfüllen könne, ist
fraglich. Längst beanspruchen andere Parteien, wie die Grünen oder
die eurokritisch-populistische AfD das Erbe der Freidemokraten. Der
politische Wettbewerb ist hart. Und auf den Liberalismus und auf
liberal gesinnte Wähler gibt es keinen Besitzanspruch, weder von der
FDP noch von anderen. Der Freiheitsgedanke in Politik und
Gesellschaft muss immer wieder neu durchbuchstabiert und mit jeweils
neuem Inhalt gefüllt werden. Doch genau in diesem Punkt hapert es bei
Lindner und Co. Ihr Gegenentwurf zum Regierungsprogramm ist vage,
nicht zwingend. Klar, dass die FDP die im Grunde sozialdemokratisch
regierende Koalition unter Angela Merkel und Sigmar Gabriel wegen
ihrer Renten- und Steuerpolitik geißelt. Nicht nur dass die "Groko"
mal eben zig Milliarden für Mütterrente und Rente mit 63 ausgibt,
sondern sie sträubt sich auch dagegen, Belastungen abzubauen. Weder
an den Solidarzuschlag noch an die kalte Progression will man
herangehen. Und für wirkliche Zukunftsinvestitionen, etwa für
Bildung, Infrastruktur oder Sicherheit, belässt es die Groß-Koalition
bei kleinen Zuschlägen. In diese, wenn man so will, Zukunfts-Lücke
stößt die FDP bereits. Doch das reicht nicht. Von der FDP muss man
mehr erwarten als nur ein Programm des Steuerzahlerbundes. Wo sind
eigentlich die Positionen der FDP zur Außenpolitik, zum
Ukraine-Russland-Konflikt, zur europäischen Union, die in schweres
Fahrwasser geraten ist? Wo ist die FDP, wenn Bund und Länder mit
einem Federstrich die Freizügigkeit von EU-Bürgern einschränken, wenn
Verbraucherrechte auf dem Altar eines Freihandelsabkommens geopfert
zu werden drohen? Christian Lindner ist zweifellos ein großes
politisches Talent im ansonsten ziemlich langweiligen
Politikgeschäft. Er kam mit kräftiger Unterstützung des
FDP-Übervaters Hans-Dietrich Genscher an die Spitze seiner Partei.
Und anders als seine Vorgänger Guido Westerwelle und Philipp Rösler
hat er sich aus der Gefangenschaft der Union befreit. Welche Optionen
die Freidemokraten darüber hinaus aber haben, hätte man schon gern
gewusst. Wenn sie denn überhaupt noch einmal zum Politikmachen
gebraucht werden in Deutschland.
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