08.02.2022 19:43:40

Lindner: EZB hat ihre Politik zu verändern begonnen

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mit Blick auf die Geldpolitik unterschiedliche Treiber der Inflation in den USA und in Europa betont, aber auch eine bereits begonnene Veränderung der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) konstatiert. "Die Bekämpfung der Geldentwertung bleibt zuvorderst eine Aufgabe unserer unabhängigen Notenbanken", sagte Lindner beim virtuellen Neujahrsempfang der Deutschen Bank in einer aufgezeichneten Rede. "Ich nehme wahr, dass die EZB ihre Politik zu verändern begonnen hat", erklärte er.

Man diskutiere "geeignete Maßnahmen" gegen die Folgen steigender Preise. "Dabei müssen wir die Treiber der Inflation unterscheiden, ist es eine expansive Finanzpolitik wie fraglos in den USA, oder ist es eine Inflation, die zumindest gegenwärtig überwiegend von Energiepreisen in Europa getrieben ist", hob er hervor. "Da die Treiber unterschiedlich sind, müssen auch die Reaktionen unterscheidbar sein." Eine solide staatliche Finanzpolitik schaffe allerdings erst "die Spielräume dafür", dass die Notenbank reagieren könne. "Nachhaltig stabile Staatsfinanzen haben auch eine hohe Bedeutung für die Bekämpfung der Inflation", betonte der Finanzminister.

Der Bund arbeite deshalb an einer schnellen Rückkehr zum Regelfall der Schuldenbremse: "Schon für den Haushalt 2023 soll, muss sie wieder gelten." Nötig sei dafür eine politische Prioritätensetzung - man müsse sich auf Impulse zur wirtschaftlichen Belebung konzentrieren und nicht auf weitere Konsumausgaben. "Wir sollten das anstoßen, was nötig ist, aber wir sollten das im Blick behalten, was möglich ist", sagte Lindner. Wohlstand müsse erst erwirtschaftet werden, bevor er verteilt werden könne. Der Bund strebt laut Lindner für die zweite Hälfte des Jahrzehnts eine Einhaltung des Maastrichter Schuldenkriteriums von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an.

Stabilitätspakt bietet genügend Flexibilität

In einem "entschiedenen Bekenntnis" zu stabilen Haushalten sah der Finanzminister auch ein Signal nach Europa. "Hier bleiben wir Anwalt für solide Finanzen und die bewährten Schuldenregeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Sie haben ihre hinreichende Flexibilität bewiesen", sagte er. "Der Stabilitätspakt als Ganzes hat sich im Kern bewährt."

Zum Bankensektor betonte Lindner, die besondere Struktur des deutschen Bankensektors wolle er bei den neuen Baseler Aufsichtsregeln erhalten. Der Vorschlag der EU-Kommission zu "Basel 3" sei eine gute Grundlage, bei der Umsetzung müsse aber sichergestellt werden, dass "die Erhöhung der Kapitalanforderungen begrenzt" bleibe. Er wolle auf einen zeitnahen Abschluss dringen, damit es genügend Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der Regeln im Jahr 2025 gebe. "Ohne Profitabilität des Bankensektors gibt es keine Finanzstabilität", betonte Lindner generell.

Zur Europäischen Bankenunion sagte er, eine Teilung von Risiken sei "ordnungspolitisch nur dann möglich, wenn sie zuvor reduziert worden sind". Deshalb müsse der gemeinsame Bankenmarkt Schritt für Schritt erreicht werden. Man brauche "Zwischenschritte" bei der Frage des Krisenmanagements, der Liquidität, und am Ende werde es um die Frage gehen, wie man mit der Einlagensicherung umgehe. Lindner machte sich hier für eine "starke nationale Komponente" stark, da eine gemeinsame Einlagensicherung "ordnungspolitisch nicht empfehlenswert" sei.

Lindner erklärte zudem, er wolle für "effektive und zügige Genehmigungsverfahren für Fintechs" sorgen und sei auch dafür, die Emission elektronischer Wertpapiere auf Aktien auszuweiten. Zudem mahnte er einen Rechtsrahmen für digitale Finanzdienstleistungen "ohne Medienbrüche" an. Der Bundesfinanzminister kündigte außerdem an, sich für Frankfurt als Sitz der EU-Geldwäschebehörde stark machen zu wollen.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/brb

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