21.03.2018 23:33:47
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Lausitzer Rundschau: Merkels Regierungserklärung / Überraschend anders
Cottbus (ots) - Jedem Anfang wohnt sprichwörtlich ein Zauber inne.
Doch es gibt Ausnahmen. Den Zauber des Anfangs mit dem Start der nun
schon dritten Großen Koalition seit der Jahrtausendwende in
Verbindung zu bringen, dürfte wohl nur den wenigsten in den Sinn
kommen. Insofern lag die Messlatte für Angela Merkels erste
Regierungserklärung als alte und neue Bundeskanzlerin auch
vergleichsweise niedrig. Es freut ja schon, dass Deutschland fast ein
halbes Jahr nach der letzten Bundestagswahl überhaupt wieder eine
handlungsfähige Regierung hat. Wer wollte da auch noch einen
politischen Aufbruch erwarten. Vor diesem Hintergrund wusste Merkel
dann allerdings doch positiv zu überraschen. Es gibt eine Bemerkung,
die die Kanzlerin wohl am liebsten ungehört machen würde: "Ich sehe
nicht, was wir anders machen sollten", hatte sie noch kurz nach dem
deutlichen Stimmenverlust für ihre Union bei der Bundestagswahl
erklärt. Und damit für viel Kopfschütteln in den eigenen Reihen
gesorgt. Am Mittwoch erlebte der Bundestag eine ganz andere Angela
Merkel. "Ich habe verstanden", hätte man ihren gut einstündigen
Redeauftritt überschreiben können. Bemerkenswert vor allem: Merkel
nahm sich mit für ihre Verhältnisse ungewöhnlich viel Empathie der
Sorgen und Nöte breiter Bevölkerungsschichten an. Angefangen von den
Defiziten im Pflegebereich bis zum schwierigen Leben in vielen
ländlichen Regionen, die von der gewohnten Infrastruktur immer
stärker abgehängt zu werden drohen. Dass Merkel die Wirklichkeit in
diesem Land nicht mehr wahrhaben will, kann man ihr nun jedenfalls
nicht vorwerfen. Noch etwas fiel auf: Die Kanzlerin nahm der breiten
Kritik an Horst Seehofer für dessen Bemerkungen zum Islam die Spitze,
indem sie sich selbst an die Spitze dieser Kritik stellte und den
Bayern frontal anging. Man darf das als Kampfansage an all ihre
Widersacher in der Union verstehen. Auch das war nicht unbedingt zu
erwarten. All das deutet darauf hin, dass Merkel im 13. Jahr ihrer
Kanzlerschaft kein bloßer Sachwalter der Koalitionsvereinbarung sein
will. Sie will in ihrem deutlich verjüngten Kabinett nicht alt
aussehen. Sie will es noch mal wissen. Nun macht eine gelungene Rede
sicher noch keinen Aufbruch. Merkel muss natürlich noch beweisen, wie
ernst es ihr ist. Bei ihrem vielbeschworenen "Zusammenhalt" der
Gesellschaft richtet sich das Augenmerk ohnehin erst einmal auf die
Groko selbst. Nicht nur Seehofer, sondern auch Jens Spahn ist bislang
eher durch Provokation als durch Politik aufgefallen. Die SPD hält im
Augenblick zwar still. Aber ihr Zwang zur Profilierung dürfte
ebenfalls noch für viel Unruhe sorgen. Das Regieren für Merkel ist
auf jeden Fall schwerer geworden. Erfahrungsgemäß war die Kanzlerin
allerdings immer dann am stärksten, wenn die Herausforderungen
besonders groß waren. Man denke nur an die internationale
Finanzkrise. Vielleicht stellt sich ja doch noch ein gewisser Zauber
ein.
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