28.04.2014 21:09:59
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Lausitzer Rundschau: Klare Worte in Ankara Zum Besuch von Bundespräsident Gauck in der Türkei
Cottbus (ots) - Dass Recep Erdogan das Wesen der Demokratie nicht
verstanden hat, ist offensichtlich. Er sieht Wahlen als bloßes
Machtinstrument und Macht wiederum als Legitimation zur
uneingeschränkten Durchsetzung eigener Ziele. Darunter auch das Ziel
der privaten Bereicherung. An diesem Punkt unterscheidet sich der
türkische Ministerpräsident sogar negativ von Wladimir Putin.
Ansonsten sind die Mechanismen die gleichen. Massive Repression nach
innen, Beugung des Rechts. Und wenn das nichts nutzt, kann der starke
Mann in Ankara genau wie der Russe noch auf die Mobilisierung
nationaler Gefühle durch militärisches Herumgefuchtel setzen. Zum
Beispiel gegenüber Zypern oder Griechenland. Und schon wäre auch
diese Krise mitten in Europa angelangt, so wie die ukrainische. Die
Gefahr besteht. Der Besuch des deutschen Bundespräsidenten Joachim
Gauck bei diesem noch übenden zweiten großen Autokraten an der
Peripherie der EU fiel in eine äußerst heikle Zeit. Die Türkei steht
gerade am Scheideweg. Noch hat Erdogan den Machtkampf nicht ganz für
sich entschieden. Die Zivilgesellschaft ist vor allem in den Städten
noch sehr agil, der amtierende Präsident Abdullah Gül bietet ihm
Paroli, und die dynamisch wachsende türkische Wirtschaft will global
handeln und nicht auf Vorderasien zurückgeworfen werden. Joachim
Gauck hat sich schnörkellos auf die Seite der Demokratie gestellt,
hat den Demokraten Mut gemacht. Er hat für sich als Demokrat das
universelle Recht beansprucht, sich einzumischen, wenn der
Rechtsstaat in Gefahr ist - auch wenn es nicht der Rechtsstaat des
eigenen Landes ist. Das war ein kompromissloser Auftritt für
Demokratie und Freiheit. Kein Kuschen vor Potentatenthronen. Der
Bundespräsident hat seine Rede vor Studenten in Ankara gehalten, also
vor der Generation, die die Zukunft der Türkei darstellt. Er hat
ihnen eine europäische Perspektive versprochen, wenn die Türkei einen
demokratischen Weg geht. Das ist in der Tat der Traum vieler junger
Türken. Für diese junge Generation freilich wäre es wichtig, wenn
nicht nur das repräsentative deutsche Staatsoberhaupt den
Beitrittsverhandlungen zur EU Ernsthaftigkeit und Erfolg wünschen
würde, sondern auch die operativ verantwortliche Kanzlerin und ihre
Partei, die CDU. Doch dort will man die Türkei mit einer
"privilegierten Partnerschaft" abspeisen und droht bei jeder
Gelegenheit mit dem Stopp der Gespräche. Diese Doppelzüngigkeit nimmt
den Appellen des Präsidenten bei den Adressaten ihre Kraft. Und das
ist schade.
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