27.02.2014 20:58:59
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Lausitzer Rundschau: Jetzt muss Schluss sein Zum Freispruch für Ex-Bundespräsident Christian Wulff
Cottbus (ots) - Christian Wulff glaubt nun, dass seine Ehre
gerettet ist. Das ist sie auch. Allerdings nur aus rein juristischer
Sicht. Trotz des gestrigen Freispruchs bleibt es dabei: Wulff ist ein
gescheitertes Staatsoberhaupt, eine Irrung der präsidialen Geschichte
der Bundesrepublik. Die, und das sollte nicht vergessen werden,
Kanzlerin Angela Merkel damals dem Land aus rein parteipolitischen
Motiven aufgedrückt hat. Gescheitert ist Wulff vor allem an sich
selbst. An seinem fehlenden Abstand zu den Reichen und Schönen, an
seinem taktischen Umgang mit der Wahrheit und an einem fürchterlichen
Krisenmanagement. Wobei ebenfalls richtig ist: Wulff war auch ein
Opfer der medialen Jagdlust. Der gestrige Schlusspunkt in der Affäre
sollte deshalb noch einmal zu einem Nachdenken führen, wie man mit
echten und vermeintlichen Verfehlungen von Spitzenpolitikern umgeht,
wo Grenzen der Berichterstattung künftig liegen - und wo nicht. Auch
für Journalisten muss wieder der Grundsatz gelten: Lieber der Zweite
mit einer echten, überprüften Nachricht sein als der Erste mit einer
falschen. Für Wulff dürfte das Urteil ein innerer Befreiungsschlag
sein. Die Erleichterung war ihm gestern anzusehen. Ihm ging es ja
immer um die historische Deutung: Er wird zwar als erster Präsident
in die Geschichtsbücher eingehen, gegen den ein Strafverfahren
eingeleitet worden ist. Der Zusatz muss jetzt aber stets lauten: in
vollem Umfang unschuldig. Das sei ihm gegönnt. Sein Amt hat er
verloren, seine Karriere ist zerstört, seine Ehe hinüber, und sein
Ansehen wird inzwischen vielfach nur noch von einem gewissen
Mitleidsfaktor getragen. Das ist mehr, als die meisten Menschen
vermutlich verkraften könnten. Weil das so ist, und weil das Gericht
ihn so erstklassig freigesprochen hat, muss jetzt Schluss sein mit
der Hatz auf den Ex-Präsidenten. Wulff ist juristisch rehabilitiert.
Nun hat er ein Anrecht darauf, sein Leben weiter in Ruhe zu ordnen,
sich neue Aufgaben zu suchen, in welchen Bereichen das auch sein
wird. Die Zeit der gesellschaftlichen Ächtung, die ein
Spitzenpolitiker unweigerlich ertragen muss, wenn er über eine Affäre
dieses Ausmaßes stolpert, muss vorbei sein. Zu Wulffs Geschichte
gehört schließlich auch, dass er sich als Ministerpräsident in
Niedersachsen erhebliche Verdienste erworben hat. In einem Umfang
übrigens, der ihn mal zum beliebtesten Politiker des ganzen Landes
gemacht hat, einen, dem sogar eine Kanzlerkandidatur zugetraut wurde.
Aus Wulffs Sicht hat der Prozess somit einen Sinn gehabt. Fraglich
ist, ob es von der Staatsanwaltschaft klug war, so exzessiv ein
Exempel zu statuieren. Gewiss, die Strafbehörden tun immer gut daran,
jeden Eindruck zu vermeiden, einer wie Wulff werde geschont, während
es kleinen Beamten gnadenlos an den Kragen geht, wenn sie nur eine
Flasche Wein annehmen. Doch hätte die Staatsanwaltschaft die Größe
haben müssen, die Ermittlungen frühzeitig einzustellen, als sie
feststellte, dass da wenig war. Das hat sie nicht gemacht. So wurde
der lange und teure Prozess zuletzt immer mehr zu einer großen Farce.
Nichts konnte zu Tage gefördert werden, was den ohnehin dünnen
Vorwurf der Vorteilsnahme gegen Wulff und seinen Freund auch nur
ansatzweise hätte belegen können. Für Wulff ist der gestrige Tag ein
guter gewesen. Für die Justiz in Hannover nach den Ermittlungspannen
im Fall Edathy erneut ein rabenschwarzer.
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