09.12.2015 21:57:37
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Lausitzer Rundschau: Hörig und hilflos? Zu Zschäpes Aussage im NSU-Prozess
Cottbus (ots) - War das nun die spektakuläre Wende im Prozess um
die Gräueltaten des brauen Terrorkommandos NSU? Dass die einzige
Überlebende des mörderischen Trios, Beate Zschäpe, ihr Schweigen nach
mehr als zweieinhalb Jahren gebrochen hat, kam in der Tat zuletzt
unerwartet. Aber was Zschäpe sagte, oder korrekter, sagen ließ, ist
grotesk und weit davon entfernt, wirklich Licht in die dunklen
Kapitel dieser komplexen Verbrechen zu bringen. Es geht um nicht
weniger als zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge sowie 15
Raubüberfälle. Es geht um das Leid der Hinterbliebenen, ihre
Emotionen, ihre Wut und Fassungslosigkeit, mit dem schrecklichen
Ausmaß an Gewalt und Menschenverachtung umzugehen. Doch alles, was
die der Mittäterschaft Angeklagte zu verkünden wusste, war, dass sie
gar nicht Mitglied des NSU gewesen sei, und, wenn überhaupt, erst im
Nachhinein von den Untaten ihrer Kumpane Uwe Mundlos und Uwe
Böhnhardt erfahren haben will. Zschäpe inszenierte sich als dumme
Nazi-Braut, hörig und hilflos, ohne Kraft, dem braunen Feldzug
Einhalt zu gebieten. Dabei hätte ein Anruf von ihr bei der Polizei
gereicht und die Mordserie wäre vorzeitig beendet gewesen. Jenseits
aller Betrachtungen über die Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung stellt
sich die Frage, warum Zschäpe diese Erklärung nicht schon im Jahr
2013 abgegeben hat, als der Prozess in München begann. Die Antwort
ist naheliegend: Mit der Strategie des Schweigens ist Zschäpe
krachend gescheitert. Nach Dutzenden Zeugenbefragungen verdichteten
sich die Indizien für das Gericht immer mehr, dass die Angeklagte
nicht das brave Heimchen am Herd einer Terror-WG war, sondern
durchaus ein Aktivposten in dem rechten Spuk. Mit ihrer Aussage hat
Zschäpe keine Gegenbeweise geliefert, sondern nur Schutzbehauptungen.
Sie spekuliert auf Strafmilderung. Auch ihre späte Entschuldigung bei
den Angehörigen ist wohl eher taktischer Natur. Welchen Wert sollte
sie jetzt haben, wenn Zschäpe in der ganzen Zeit davor keinerlei
Zeichen der Reue gezeigt hatte - nicht einmal, als im Gerichtssaal
großformatige Bilder über Opfer gezeigt wurden und Angehörige dort
zutiefst aufgewühlt nach dem Warum fragten. Die Strukturen und
Netzwerke um den NSU bleiben indes weiter ungeklärt. Nach Zschäpes
Aussage muss man den Eindruck gewinnen, dass es sich nur um
verblendete Einzelkämpfer handelte. Doch da war auch der "Thüringer
Heimatschutz", in dem der NSU seine ideologische Basis fand. Eine
Rolle spielte auch der Thüringer Verfassungsschutz, der Böhnhardt und
Mundlos als potenzielle V-Leute betrachtete - wobei der NSU trotzdem
mehr als zehn Jahre lang ungestört ein Verbrechen nach dem anderen
begehen konnte. Dazu kein Wort von Zschäpe. Etliche Leute außerhalb
des Gerichtssaals dürften deshalb gestern ganz zufrieden mit ihr
gewesen sein.
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Pressekontakt: Lausitzer Rundschau
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