09.02.2014 20:53:00
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Lausitzer Rundschau: Gegen den Strom - Europa-Parteitag der Grünen in Dresden
Cottbus (ots) - Die Grünen schwimmen gegen den Strom. Und das
gleich in doppelter Hinsicht. Während die politische Konkurrenz fast
durchweg weniger Europa will, sagen die Grünen klar, wir können gar
nicht genug davon haben. So pro-europäisch wie die Grünen ist
ausweislich ihres jetzt verabschiedeten Wahlprogramms wohl keine
andere Partei. Die Grünen schwimmen aber auch gegen ihren eigenen
Strom. Spätestens seit dem Schock der verpatzten Bundestagswahl
schien die personelle Erneuerung ein absolutes Muss zu sein. Und
tatsächlich: Prominente Teile der Gründergeneration wie Jürgen
Trittin oder Claudia Roth rückten entweder auf die Hinterbank oder in
repräsentative Sphären. Dort sind sie nur noch ein Schatten ihrer
selbst. Bei der Bestimmung der Spitzenkandidatur zur Europawahl wurde
dieser Trend jedoch überraschend gestoppt. Mit der Gorleben-Ikone
Rebecca Harms triumphierte Erfahrung über Erneuerung, wie sie ihre
Konkurrentin Ska Keller auf ganzer Linie zu verkörpern scheint. Jung,
talentiert und selbstbewusst. Doch das allein ist eben auch keine
Lösung. Weder Parteilinke noch Realos verfügen gegenwärtig über eine
publikumswirksame Führungsfigur. Und ein grüner Gregor Gysi ist auch
nirgendwo in Sicht. Für eine Partei, die im Bundestag zur kleinsten
Oppositionskraft verdammt ist, kann das zum ernsten Problem werden.
Auch vor diesem Hintergrund schien den Parteitagsdelegierten in
Dresden wohl der Sinn nach Vertrautem zu stehen. Zumal Harms schon in
der Vergangenheit als Spitzenkandidatin für ein gutes Abschneiden der
Grünen in Europa gesorgt hatte. Von ihrer politischen Verunsicherung
haben sich die Grünen deshalb aber trotzdem noch nicht befreien
können. Wie auch? Als Verbots-Partei ist man grandios gescheitert.
Siehe "Veggie-Day" oder Tempolimit. Und einen strammen
Gegen-alles-und-jeden-Kurs kann man sich auch nicht leisten. Auf die
rot-roten Stimmen Brandenburgs im Bundesrat kommt es im Zweifel nicht
an, auf die Stimmen der sechs rot-grünen Landesregierungen schon. Da
sind Konzepte gefragt und weniger Radau. Gangbare grüne Alternativen
zu Gabriels umstrittener Energiewende zum Beispiel, die aber
womöglich weniger Schlagzeilen produzieren als politische
Kraftmeierei und billige Rhetorik. Nach dem nun schon dreimaligen
Fehlanlauf, mit den Sozialdemokraten im Bund eine Regierung zu
schmieden, ist überhaupt unklar, wie sich die Grünen künftig
ausrichten werden. Schließlich gibt es auch ein interessantes
schwarz-grünes Experiment in Hessen. Ein Spitzen-Ergebnis bei der
Europawahl mag Balsam für die grüne Seele sein. Aber die eigentlichen
politischen Herausforderungen für die Partei liegen in den kommenden
Regierungsjahren der Großen Koalition.
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Pressekontakt: Lausitzer Rundschau
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