05.12.2014 21:52:58
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Lausitzer Rundschau: Das Thüringer Experiment Ramelow ist erster linker Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes
Cottbus (ots) - Allen Unkenrufen zum Trotz: Bodo Ramelow von der
Linkspartei ist in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt worden.
Und der Erfurter Dom bleibt weiter stehen, wie auch die Spree in
Berlin deshalb nicht rückwärts fließt. Nüchtern betrachtet ist der
Vorgang nur der vorläufige Abschluss einer längeren politischen
Entwicklung, die schon 2002 in einer rot-roten Landesregierung
ausgerechnet in Berlin gipfelte. Damals war die moralische Empörung
ähnlich groß wie heute über Ramelow. Gleichwohl ist seine Wahl mehr
als eine landespolitische Entscheidung. Sie könnte ein Einschnitt
sein, der die Republik verändert. Sicher ist Thüringen nicht einfach
eine Blaupause für den Bund. Dort bewegen sich SPD, Linke und Grüne
derzeit eher weiter auseinander als aufeinander zu. Ukraine-Konflikt,
Russland-Politik und Waffenexporte sind nur ein paar Stichworte
dafür. Die Realität lehrt allerdings auch, dass die rot-grünen Träume
ausgeträumt sind. Der SPD droht deshalb das Schicksal, auf
unabsehbare Zeit zum Juniorpartner in Großen Koalitionen verdammt zu
sein. Will sie selbst eines Tages wieder den Kanzler stellen, wird
sie kaum an der Linkspartei vorbeikommen. Gerade deshalb ist der
Thüringer Feldversuch interessant. Gelänge dort ein stabiles
Regieren, dann könnte das irgendwann auch auf den Bund ausstrahlen.
Der Union muss darüber Angst und Bange werden. Denn was nützt der
Status der stärksten Partei, wenn er mangels Koalitionspartner nicht
zur Entfaltung kommen kann? Die FDP ist weg, die Grünen schwanken
noch zwischen linker Klein-Kraft und liberal-ökologischer Volkspartei
und die AfD ist auf absehbare Zeit tabu. Die Union lebt aber vom
Regieren und nicht wie linke Parteien vom Aushecken irgendwelcher
Spiegelstrich-Papiere. Für die Große Koalition in Berlin ist der
rot-rot-grüne Pakt in Erfurt dann auch ein schlechtes Zeichen. Das
Misstrauen zwischen Union und SPD wird weiter wachsen. Und die
Linken? Ihr Siegesrausch über die Wahl Ramelows dürfte bald
verfliegen. Denn mit seiner betont pragmatischen Politik wird der
gebürtige Niedersachse die Widersprüche in seiner Partei weiter auf
die Spitze treiben. Das Erfurter Regierungsprogramm ist ja alles
andere als ein Dokument revolutionärer Umtriebe. Sogar zur Schwarzen
Null hat sich die Linke darin bekannt. Der Konflikt zwischen den
vornehmlich im Osten beheimateten Realos, die in der bundesdeutschen
Gesellschaft ankommen wollen, und den radikal-linken Fundamentalisten
im Westen, die genau das Gegenteil predigen, kann dadurch nur an
Fahrt gewinnen. Zumal man als größter Koalitionspartner in Erfurt
nicht mehr sagen kann, da sei nur wenig Linkes durchsetzbar. Der
Ausgang dieses Konflikts wird darüber mitentscheiden, ob SPD, Linke
und Grüne eines Tages auch im Bund harmonieren können.
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Pressekontakt: Lausitzer Rundschau
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