26.03.2022 15:54:38

Krabbenpulen mit Ultraschall - Maschine entsteht in Forschungsprojekt

GREETSIEL (dpa-AFX) - Wissenschaftler und Fischereiexperten wollen in einem Forschungsprojekt ausloten, wie die Chancen für eine stärkere regionale Wertschöpfung der Krabbenfischerei in Norddeutschland stehen. Dabei wird auch der Prototyp einer Krabbenpulmaschine mit Ultraschall-Technik entwickelt - ein Vorhaben, auf das Krabbenfischer große Hoffnungen setzen und schon lange warten. Bislang fehlte dafür das nötige Geld. Zum Start überreichte Niedersachsens Fischereiministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) am Samstag im Hafen von Greetsiel (Ostfriesland) einen Förderbescheid über rund 2,3 Millionen Euro aus dem Corona-Sondervermögen des Landes an Projektpartner.

Ziel des auf drei Jahre angelegten Projektes sei es, die Krabbenfischerei nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen, sagte Otte-Kinast. "Wir wollen die Krabbenfischerei widerstandsfähiger gegen Krisen machen." Eine stärkere Wertschöpfung in der Region könne dazu beitragen. Dazu soll das Projekt die gesamte Wertschöpfungskette vom Fang über die Verarbeitung bis zum Verkauf in den Blick nehmen.

Um an das Fleisch der Nordseekrabben zu kommen, wird der Großteil des in Norddeutschland angelandeten Fangs zum händischen Pulen bislang überwiegend nach Marokko transportiert. Grund sind vor allem die Lohnkosten. Unter Umwelt- und Verbraucherschützern sorgt dieser Transport immer wieder für Kritik. Mit einer Maschine, so die Hoffnung der Krabbenfischer, könnte wieder ein größerer Teil der Wertschöpfung bei der Krabbenverarbeitung in Norddeutschland bleiben.

"Es ist wichtig, dass es jetzt los geht", sagte Christin Klever. Die 35 Jahre alte Maschinenbauerin aus Großheide (Landkreis Aurich) ist die Entwicklerin des neuen, patentierten Verfahrens. Seit 2017 hatte sie zusammen mit ihrem Vater nach Möglichkeiten gesucht, die Technik aus dem Labor mit einem Prototypen im größeren Maßstab zu testen. Doch bei der Förderung der rund 800 000 Euro teuren Technik gab es immer wieder Rückschläge. Innerhalb des Forschungsprojektes könne der Prototyp nun binnen einen Jahres entstehen, sagte die Ingenieurin.

Bei dem von Klever entwickelten Verfahren brechen Stoßwellen des Ultraschalls die Chitin-Panzer der in einem Becken schwimmenden Krabben auf, ohne das begehrte Krabbenfleisch zu beschädigen. Nach einigen Minuten lassen sich dann Schale und Fleisch trennen. Andere Entschälmaschinen mit Messern, die bereits existieren, arbeiten nicht so zuverlässig, dass sie bereits im großen Maßstab eingesetzt werden.

Die innovative Technik, könne einen "game changer" für die Krabbenfischerei darstellen, zeigte sich der Leiter des federführenden Thünen-Instituts für Seefischerei, Gerd Kraus, überzeugt. Forscher des Instituts und der Uni Göttingen wollen besonders die Wirtschaftlichkeit der Technik analysieren: Wie groß müssten die Maschinen sein? Wo könnten sie installiert werden? Welche Anforderungen hat der Markt? "Was wir versuchen wollen ist, die Krabbenfischerei in allen Facetten zu beleuchten", sagte Kraus.

Dirk Sander, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, begrüßte das Forschungsvorhaben. Sollte es funktionieren, Krabben maschinell im großen Stil in Norddeutschland zu entschälen, könne dies die Fischer unabhängiger von Großhändlern machen. Denn dann hätten sie die Verarbeitung stärker selbst in der Hand. Sander bedauerte aber auch, dass bei dem Projekt viel Zeit verstrichen sei. "Jetzt ist die Frage: Ist es schon zu spät?"

Aktuell setzen die enorm gestiegenen Kraftstoffpreise die Fischer unter Druck. Da das Fischen laut Erzeugergemeinschaften nicht mehr wirtschaftlich ist, bleiben zurzeit viele Kutter in den Häfen liegen. Dabei hatten die Krabbenfischer nach drei schwierigen Jahren mit geringen Fangmengen, niedrigen Erzeugerpreisen und Engpässen beim Krabbenpulen in Marokko durch die Corona-Pandemie auf ein gutes Wirtschaftsjahr 2022 gehofft.

Am Rande der Förderbescheid-Übergabe machte eine Gruppe von Fischern mit Bannern auf die enorm gestiegenen Dieselpreise aufmerksam. Otte-Kinast signalisierte den Fischern, sie sei mit ihren Amtskollegen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern im Austausch, um den Betrieben schnelle Hilfen zu ermöglichen./len/DP/zb

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