09.01.2015 18:13:30

KONJUNKTUR IM BLICK/Deutsches BIP steigt um 1,5 Prozent

   Von Hans Bentzien

   Das deutsche Wirtschaftswachstum dürfte sich im vergangenen Jahr beschleunigt haben. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) inflationsbereinigt um 1,5 Prozent gestiegen ist, nachdem es 2013 um nur 0,1 Prozent zugelegt hatte. Das wäre weniger als Anfang des Jahres erhofft, aber mehr als zwischenzeitlich befürchtet. Das Statistische Bundesamt wird die Daten am Donnerstag um 8.55 Uhr in Berlin veröffentlichen.

   Die deutsche Wirtschaft hatte das Jahr mit einem konjunkturellen Blitzstart begonnen, der maßgeblich auf einem sehr milden Winter beruhte. Das zweite Quartal brachte einen minimalen BIP-Rückgang, und schwache Frühindikatoren ließen sogar einen erneuten Rückgang auch im Folgequartal befürchten. Dazu kam es aber nicht, das BIP stieg leicht, und eine etwas höhere Wirtschaftsleistung ist auch für das viere Quartal zu erwarten.

   Dafür spricht zunächst, dass die Produktion im Durchschnitt der Monate Oktober und November um 0,3 Prozent über dem Niveau des Vorquartals lag. Um diesen Zuwachs noch völlig zu eliminieren, müsste der Output von Industrie und Bauwirtschaft im Dezember um knapp 2 Prozent gesunken sein. Darauf deuten die schon vorliegenden Aktivitätsindikatoren wie ifo- Geschäftsklima und Einkaufsmanagerindex aber nicht hin.

   Der Außenhandel dürfte auch im Schlussquartal einen Wachstumsbeitrag geliefert haben, auch wenn der Handelsbilanzüberschuss im November unter den Erwartungen blieb. Der Konsum erweist sich auch im vierten Quartal als Wachstumsstütze, soweit sich das auf Basis der notorisch schwankungsanfälligen Einzelhandelsumsätze sagen lässt. Die stiegen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 2014 um rund 1,2 Prozent.

   So wie die Statistiker diese Umsatzentwicklung auf Basis der Monate Januar bis November geschätzt haben, so werden sie auch das BIP für das volle Jahr 2014 schätzen - ohne dass schon Daten für das vierte Quartal vorliegen. Die werden erst im Februar veröffentlicht.

   Weitaus bedeutsamer als die Veröffentlichung der deutschen BIP-Daten ist in der kommenden Woche aber ein anderer Termin: Am Mittwoch gibt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) seine Stellungnahme zu Anfragen des Bundesgerichtshofs, die die Rechtmäßigkeit des OMT-Staatsanleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) betreffen.

   Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr geurteilt, dass die EZB mit Outright Monetary Transactions (OMT) gegen europäisches Recht verstoßen würde. Es hatte den EuGH gebeten, in einer Vorabentscheidung Kritikpunkte des deutschen Verfassungsgerichts aufzunehmen und so die Rechtmäßigkeit des EZB-Handelns wieder herzustellen.

   Das OMT-Programm beinhaltet bisher lediglich das Versprechen der EZB, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Ländern anzukaufen, deren Zinsen sie für zu hoch hält. Korrigieren will die EZB mit ihren Ankäufen jedoch nur jenen Teil des Zinsanstiegs, der auf der Annahme der Marktteilnehmer beruht, dass das Land gegen seinen Willen aus dem Euro ausscheiden wird.

   Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte im EZB-Rat gegen das OMT-Programm gestimmt und seine Kritik auch als Zeuge in einer Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht begründet, das andere Kritiker dieses Programms angerufen hatten. Beobachten rechnen überwiegend damit, dass der EuGH-Generalanwalt das OMT-Programm zumindest im Kern für rechtmäßig erklären wird. Der EuGH selbst folgt den Argumenten seines Generalanwalts in der Regel.

   Gegenwärtig ist eine Aktivierung des OMT-Programms nicht erforderlich, weil die Finanzmärkte schon die bloße Ankündigung für glaubwürdig halten. Eine Relativierung dieser Zusage könnte dem Euro allerdings ein wichtiges Sicherheitsnetz entziehen.

   Mit Blick auf die aktuellen Pläne des EZB-Rats, größere Mengen Staatsanleihen zur Lockerung der Geldpolitik anzukaufen, ist der EuGH-Spruch ebenfalls nicht ganz unwichtig. Das gilt vor allem für den allerdings unwahrscheinlichen Fall, dass das Gericht den Ankauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt als unerlaubte Staatsfinanzierung mit der Notenpresse einstufen würde.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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