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04.07.2021 15:44:38

Inzidenz steigt leicht - Debatte über Impfungen und Herbst-Maßnahmen

BERLIN (dpa-AFX) - Nach wochenlangem Rückgang ist die Corona-Inzidenz in Deutschland am Wochenende erstmals wieder leicht gestiegen. Der Anstieg ist aber so minimal, dass es zunächst schwierig bleibt, konkrete Schlüsse zu ziehen. Langfristig rechnen die Deutschen einer Umfrage zufolge damit, dass die Infektionszahlen trotz Impffortschritts steigen und die Corona-Maßnahmen im Herbst auch wieder verschärft werden. Besonders im Fokus stehen hier die Schulen.

In der Politik wird zudem über nicht wahrgenommene Impftermine diskutiert. Am Wochenende wurden Forderungen nach Bußgeldern für diejenigen laut, die Termine ohne Absage verstreichen lassen.

DIE ZAHLEN UND ERWARTUNGEN

Die Zahl der erfassten Neuansteckungen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen lag nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) am Sonntag bei 5 - ein Anstieg um 0,1 im Vergleich zum Vortag. (Vorwoche: 5,7). Es wurden demnach binnen eines Tages 559 Corona-Neuinfektionen gemeldet; vor einer Woche waren es 538. Deutschlandweit wurden sieben Corona-Todesfälle verzeichnet; vor einer Woche waren es acht.

Trotz fortschreitender Impfkampagne rechnen drei Viertel der Bürger im Herbst mit steigenden Corona-Infektionszahlen (76 Prozent) und neuen staatlichen Beschränkungen (74 Prozent). Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

SCHULEN IM BLICK

Da es für Kinder und Jugendliche keine generelle Impfempfehlung durch die beim RKI angesiedelte Ständige Impfkommission (Stiko) gibt, wird befürchtet, dass sich im Zuge der Ausbreitung der Delta-Variante des Virus besonders viele junge Menschen anstecken könnten. Die Stiko hatte ihre nur eingeschränkte Empfehlung vor knapp drei Wochen unter anderem damit begründet, dass das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung für diese Altersgruppe gering sei.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb am Sonntag bei Twitter: "Die Stiko sollte dringend überlegen, wann sie das Impfen von Jugendlichen empfiehlt." Das würde den Schutz für alle erhöhen und einer Generation, die auf viel verzichten musste, wieder Freiheiten zurückgeben.

Die Virologin Melanie Brinkmann plädierte wie andere Experten auch für eine neue Teststrategie an Schulen und sprach sich für mehr PCR-Tests anstelle der weniger präzisen Antigen-Schnelltests aus. Das sei sehr effektiv, wenn es regelmäßig erfolge, sagte die Professorin vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Sogenannte Lolli-, Gurgel- oder Spucktests können auch gruppenweise abgenommen und auf einmal ausgewertet werden, nur wenn die Gesamtprobe der Schulklasse positiv ist, müsste dann einzeln nachgetestet werden. "Die Delta-Variante wird nach den Sommerferien sehr schnell durch die Schulen rauschen, wenn wir keine Vorsorge treffen", warnte Brinkmann. Debattiert wird außerdem weiterhin über den Einbau und die Anschaffung von Luftfilteranlagen in Schulen.

IMPFSCHWÄNZER-DEBATTE

Mehr als 46 Millionen Menschen in Deutschland (fast 56 Prozent) sind inzwischen mindestens einmal gegen Corona geimpft und mehr als 31 Millionen (rund 38 Prozent) vollständig. Die aktuellsten Zahlen stammen vom Freitag. In manchen Impfzentren werden inzwischen aber Termine nicht mehr wahrgenommen und auch nicht abgesagt und damit für andere Impfwillige freigemacht. Am Wochenende entbrannte deshalb eine Diskussion über Bußgelder: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) sprachen sich in der "Bild am Sonntag" für Strafzahlungen aus.

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) wies die Idee zurück, rief im RND aber dazu auf, Termine abzusagen, wenn sie nicht wahrgenommen werden können. Ablehnend zu möglichen Bußgeldern äußerten sich auch Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der FDP und der Grünen. "Die Bereitschaft für Impfungen ist nach wie vor hoch in der Bevölkerung, das dürfen wir nicht durch Zwangsmaßnahmen verspielen", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem "Handelsblatt".

Vermutet wird, dass Menschen Termine verstreichen lassen, weil sie im Urlaub sind, weil sie die Corona-Gefahr als nicht mehr so hoch einschätzen oder weil sie inzwischen einen früheren Termin bei einem Betriebsarzt oder in einer Praxis bekommen haben.

ANGEBOT ÜBERSTEIGT NACHFRAGE

Nach monatelanger Impfstoff-Knappheit ist nach Einschätzung der Bundesregierung inzwischen eine neue Phase erreicht: Das Angebot beginnt die Nachfrage zu übersteigen. Die Regierung hatte deshalb auch ihr Impfversprechen, wonach jeder, der wolle, bis Ende des Sommers ein Impfangebot bekommen könne, zuletzt auf Ende Juli vorgezogen. Nachgedacht wird nun auch über Anreizsysteme. Das Deutsche Rote Kreuz in Sachsen etwa arbeitet nach Angaben eines Sprechers an einem Konzept: Wer ins Impfzentrum kommt, soll Rabatte für Dienstleistungen oder Produkte bekommen./jr/DP/he

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