25.01.2018 15:08:43
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INTERVIEW/Verbund-Chef: Können deutsche Stromversorgung nicht absichern
Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Der Chef von Österreichs größtem Stromkonzern mischt sich in die Debatte um die stotternde Energiewende in Deutschland ein. Verbund-CEO Wolfgang Anzengruber warnte am Rande der Handelsblatt-Energietagung davor, sich bei der sicheren Stromversorgung auf die Speicherseen der Alpenrepublik zu verlassen. Genau wie Eon-Chef Johannes Teyssen hält er einen Mindestpreis für Kohlendioxid für den besten Weg, um die Energiewende wieder in die richtige Bahn zu bringen.
1. Herr Anzengruber, wir in Deutschland als selbsterklärter Klimamusterschüler sind verunsichert. Gerade haben Union und SPD das Klimaziel für 2020 aufgegeben, der Netzausbau stockt, und um den Kohleausstieg wird hart gerungen. Wie beurteilen Sie die Situation von außen?
"Die Abkehr vom Klimaziel war logisch. Daran hat keiner mehr realistisch geglaubt, dass sich das ausgehen wird. Eigentlich wollte man ja in Deutschland eine Dekarbonisierung erreichen, das heißt den Ausstoß von CO2 senken. Das hat man nicht erreicht."
2. Was muss in Deutschland aus Ihrer Sicht getan werden?
"Ich glaube, dass viel dran ist, was Eon-Chef Teyssen aufgeworfen hat. Ein Mindestpreis für Kohlendioxid könnte den europäischen Emissionshandel zum Funktionieren bringen. Bislang leidet er daran, dass zu viele Gratiszertifikate verteilt wurden. So wird der fuel switch von Kohle zu Gas nicht klappen. Mit einem funktionierenden Emissionshandel bräuchte man auch keinen gewaltsamen Kohleausstieg. Das ergäbe sich dann automatisch. Die Förderung von neuen Windrädern und Solaranlagen über das EEG würde ich auslaufen lassen."
3. Stichwort Kohle - die Befürworter eines Kohleausstiegs argumentieren, dass Deutschland sich über Strom aus dem Ausland stets sicher versorgen könnte. Die Gegner bezweifeln das. Was meinen Sie?
"Wir sind auf dem Pfad, dass wir überall in Europa weniger gesicherte Leistung haben. Überall gehen in den nächsten Jahren alte Kraftwerke vom Netz. Gaskraftwerke als geeignete Absicherung laufen nicht wirtschaftlich, weil der Strompreis zu niedrig ist. Deshalb plädiere ich für Anreize für gesicherte Versorgung."
Sie meinen also Hartz-IV für Kraftwerke…
"Nein, ausdrücklich nicht. Ich will keine weiteren Subventionen, sondern es über den Markt lösen. Zum Beispiel könnte ein Windanlagenbetreiber herkommen und sagen, 'ich habe den Bedarf x an gesicherter Leistung'. Dann auktioniert er die Menge und die Versorger können mit ihren Kraftwerken darauf bieten."
4. Österreich mit seinen Pumpspeichern könnte doch für Deutschland der Fels in der Brandung sein und die Belieferung garantieren...
"In Süddeutschland machen wir schon ganz viel. Unsere Speicherseen liegen ja an der deutschen Grenze. Aber wir können nicht ganz Deutschland ausregeln. Außerdem ist ja das grundsätzliche Problem, dass Ihr den Windstrom aus dem Norden nicht zu den Großverbrauchern im Süden bringen könnt. Auch deswegen setzen wir uns so für den Bestand der einheitlichen Preiszone in Deutschland und Österreich ein."
5. Bauen Sie als Verbund doch noch ein paar Pumpspeicher hinzu…
"Neubauten lohnen sich wirtschaftlich nicht. Außerdem wird der Widerstand, wie in Deutschland auch, bei uns immer größer. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird das große Problem für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren."
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
DJG/chg/mgo
(END) Dow Jones Newswires
January 25, 2018 09:08 ET (14:08 GMT)
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