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14.03.2013 17:01:30
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INTERVIEW/Hugo Boss wandelt sich zum Einzelhändler
Von Natali Schwab
Der Modekonzern Hugo Boss setzt seine Wandlung vom Großhandel hin zum Einzelhandel orientierten Unternehmen fort. Der im Vergleich zum Großhandel margenstärkere Einzelhandel soll auch im laufenden Jahr mit zweistelligen Steigerungsraten die Wachstumslokomotive Hugo Boss' sein, sagte Vorstandsvorsitzender Claus-Dietrich Lahrs im Gespräch mit dem Wall Street Journal.
Im Blick hat der Manager dabei vor allem die Wachstumsmärkte wie China, Russland oder Brasilien. In solchen Ländern sei das Konzept des Fachhandels nahezu unbekannt, erläuterte er. Im laufenden Jahr will sich Lahrs dabei vor allem um die Erschließung des russischen Marktes kümmern, in dem Hugo Boss bislang nahezu ausschließlich über Franchise Partner vertreten ist.
Dass der Konzern dabei im Vergleich zur Konkurrenz "zu spät" kommt, glaubt er nicht. "Wir hätten sicherlich früher einsteigen können", sagte Lahrs selbstkritisch. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, trotz der hohen Preise für die Standorte noch attraktive Lagen zu finden. "Russland ist zwar ein teurer aber dynamischer Standort", betonte er. Die Russen orientierten sich dabei immer stärker an westlichen Premiummarken. Der Manager geht davon aus, dass das Land sich zunehmend als Wachstumsmotor erweisen könnte. Der erste eigene Shop wurde vor kurzem eröffnet, weitere sollen folgen. Dabei hat sich Hugo Boss keine feste Zahl von eigenen Läden gesetzt.
Auch in China soll es in diesem Jahr wieder besser laufen, nachdem das Wachstum sich vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2012 abgeschwächt hatte. Nach einem währungsbereinigten Plus von vier Prozent 2012 sollen wieder höhere Steigerungsraten erreicht werden. Auch in China ist Hugo Boss vergleichsweise spät eingestiegen, was der Konkurrenz Wettbewerbsvorteile verschafft. Zudem war die Konsumstimmung aufgrund der Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Inflationsbekämpfung zuletzt eher mau. Der vor kurzem erfolgte Regierungswechsel hatte zudem auf längere Zeit Entscheidungen über Investitionen und Kreditvergabe gelähmt.
In beiden Ländern setzt Vorstandsvorsitzender Lahrs vermehrt auf den Onlinehandel. In China ist vor zwei Wochen der Internetshop von Hugo Boss ans Netz gegangen, auch für den russischen Markt ist ein solcher geplant. Dabei soll das komplette Sortiment im Netz zu haben sein. Der Grund liegt auch in der schieren Größe der beiden Länder. "Wir können nicht in jeder Stadt einen eigenen Shop aufmachen".
Der Hugo-Boss-Kunde sei ohnehin sehr online-affin, sagte Lahrs. 2012 wuchs der Umsatz im Internet um 50 Prozent. Bis 2015 sollen die Onlineumsätze insgesamt rund 150 Millionen Euro betragen. Das sind bei einem dann erwarteten Konzernumsatz von drei Milliarden Euro zwar relativ geringe 5 Prozent Umsatzanteil, doch dient der Onlineauftritt auch zur Pflege des Markenimages. Zudem sei für neue Kunden der Internetshop mittlweile häufig der erste Kontakt zu Hugo Boss, erläuterte der Manager.
Die Zahl der eigenen Einzelhandelsstandorte soll - ohne etwaige Übernahmen - im laufenden Jahr um 50 erweitert werden. Damit bremst Hugo Boss sein Expansionstempo ab, denn das ist weniger als die netto 218 neuen Standorte, die 2012 eröffnet wurden. Aber auch Renovierungen älterer Standorte sind vorgesehen.
Außerdem übernimmt Hugo Boss die Shop-in-Shops in Deutschland und Spanien, die bislang durch Partner geführt wurden. Etwa im Berliner KaDeWe oder in den anderen deutschen Luxuskäufhäusern, dem Alsterhaus in Hamburg oder dem Oberpollinger in München. Ende des vergangenen Jahres betrieb Hugo Boss 840 eigene Standorte. Der Einzelhandelsumsatz übertraf 2012 dabei erstmals den Großhandelsumsatz leicht. 2015 soll der Umsatzanteil auf 55 Prozent von derzeit 49 Prozent steigen.
Wichtigster Markt bleibt bei Hugo Boss der europäische Kontinent. Trotz der Eurokrise ist Lahrs für Europa in diesem Jahr positiver gestimmt als 2012. Allerdings werde Europa bis 2014 noch an Strukturreformen zu knabbern haben, was sich auf die Konjunktur und damit auch auf die Konsumstimmung auswirken werde. Dabei ist Hugo Boss stärker in Nordeuropa präsent als im von der Schuldenkrise stärker betroffenen Südeuropa, so das Schwächen ausgeglichen werden können.
Das Umfeld in Europa und auch in Asien werde vor allem in der ersten Jahreshälfte weiterhin alles andere als einfach sein, sagte Lahrs. "Deswegen gibt unsere Prognose für das laufende Jahr ein realistisches Bild". "Pessimistisch" sei der Ausblick jedoch nicht. Hugo Boss hat für 2013 sowohl beim währungsbereinigten Umsatz als auch beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ein Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich vorhergesagt. Dies hatte Analysten zunächst enttäuscht, die mit mehr gerechnet hatten. Die Aktie hatte daraufhin an Wert eingebüßt.
Hugo Boss hat zudem ein Rekordjahr mit einem sehr starken ersten Halbjahr hinter sich, mit dem nun verglichen werden muss. Die Prognose bedeute jedoch auch, dass Hugo Boss stärker als die Weltwirtschaft und das Luxusgütersegment wachsen wird, sagte Lahrs. Dort werden Steigerungsraten von je sechs Prozent prognostiziert.
Positiv hat sich für Hugo Boss die Zusammenlegung der Luxusmmarke Boss Selection mit Boss Black ausgewirkt. Die dadurch entstandene Kernmarke Hugo Boss trägt den Löwenanteil zum Umsatz bei. Flankiert wird das Segment von der eher jugendlich städtisch orientierten Linie Boss Orange, der Trendlinie Hugo sowie der sportlichen Linie Boss Green, für die beispielsweise der deutsche Profigolfer Martin Kaymer wirbt.
Ebenfalls positiv hat sich die Straffung der Kollektionen und der veränderte Kollektionsrythmus ausgewirkt. Die Zahl der jährlichen Kollektionen wurde auf vier erhöht, was zu Umsatzverschiebungen hin in das zweite und vierte Quartal führen wird. Bisher war bei dem Unternehmen eher das erste und dritte Quartal stark.
Auch das Geschäft mit Damenmode will der sonst vor allem für seine Herrenanzüge und Sakkos bekannte Konzern ausbauen. 2012 erreichte der Bereich 250 Millionen Euro. Bei einem Gesamtumsatz von mehr als 2,3 Milliarden Euro ist dies jedoch recht gering. Dabei traut Lahrs der Damenmode durchaus einen Umsatz von einer halben Milliarde Umsatz bis 2020 zu. Verschieben werden sich die Wertigkeiten jedoch nicht. "Wir werden die Womens-Linie nicht auf Kosten von Hugo Boss ausbauen". Die Marke Hugo Boss bleibe das Kerngeschäft des Konzerns.
Kontakt zum Autor: natali.schwab@dowjones.com
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March 14, 2013 11:30 ET (15:30 GMT)
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