23.08.2020 14:27:38

Heftige Kritik an Trump wegen politischen Drucks bei Corona-Impfung

WASHINGTON (dpa-AFX) - Gesundheitsexperten und führende Demokraten haben US-Präsident Donald Trump dafür kritisiert, die für die Zulassung eines Corona-Impfstoffs zuständige Behörde unter Druck zu setzen. Trumps Einmischung in die wissenschaftliche Arbeit der Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) gefährde die Gesundheit aller US-Amerikaner, erklärte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Samstag (Ortszeit). Die FDA müsse aufgrund der Verträglichkeit und Wirksamkeit eines Impfstoffs entscheiden, "nicht wegen politischen Drucks aus dem Weißen Haus", schrieb die Demokratin auf Twitter.

Die Epidemiologin Caitlin Rivers von der Universität Johns Hopkins in Baltimore erklärte: "Eine Impfung muss sicher, wirksam und vertrauenswürdig sein." Alle drei Kriterien müssten erfüllt werden. "Es wäre eine Tragödie, wenn Politiker aus politischen Gründen die eine Sache in Gefahr bringen würden, die uns erlauben könnte, zu unserem normalen Leben zurückzukehren", schrieb Rivers auf Twitter. Der frühere Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, Tom Frieden, mahnte, bei der Entwicklung von Impfstoffen dürften keine Abkürzungen genommen werden. Der Prozess müsse transparent und rigoros sein.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, kündigte bei Twitter eine Pressekonferenz mit dem Präsidenten für Sonntagabend an. Es gehe um einen "bedeutenden therapeutischen Durchbruch in Bezug auf das China-Virus", schrieb McEnany am Samstagabend. Auch Gesundheitsminister Alex Azar und FDA-Chef Stephen Hahn würden an der Pressekonferenz teilnehmen. Als "China-Virus" bezeichnet Trump gewöhnlich das Coronavirus. Er hat China wiederholt die Schuld an dessen Ausbreitung gegeben.

Trump hatte zuvor auf Twitter behauptet, bei der FDA erschwerten ihm feindlich gesinnte Beamte die Entwicklung von Corona-Medikamenten und Impfstoffen, damit es vor der Wahl am 3. November keine Erfolgsmeldung geben könne. Die Vertreter des "tiefen Staates, oder wer auch immer", machten es den Pharmaunternehmen schwer, Probanden für Medikamente und Impfstoffe zu bekommen, schrieb er weiter. An Behördenchef Hahn gerichtet schrieb er: "Wir müssen uns auf Geschwindigkeit und das Retten von Leben konzentrieren."

Trump bewirbt sich im November um eine zweite Amtszeit. Die Corona-Pandemie und die von ihr ausgelöste Wirtschaftskrise könnte ihn Umfragen zufolge aber einen Wahlsieg kosten. Trump hatte bereits zuvor gesagt, er hoffe, dass es etwa zur Zeit der Wahl einen Impfstoff geben werde. Experten haben allerdings gewarnt, dass jegliche politische Einmischung in die Zulassung dessen Legitimität und Sicherheit in Frage stellen könnte. Sollte es bezüglich des Impfstoffs Zweifel geben, könnten viele Menschen auf eine Impfung verzichten, womit die Pandemie letztlich schwerer einzudämmen wäre.

FDA-Chef Hahn hat wiederholt erklärt, dass sich die Behörde bei der Zulassung eines Corona-Impfstoffs an ihre bekannten und streng wissenschaftlichen Abläufe halten werde. Es gebe keinen Druck auf die FDA, ihre bewährten Kriterien aufzuweichen, sagte er weiter.

Die frühere FDA-Chefin Peggy Hamburg sagte der "Washington Post", es sei "bedauerlich", dass der Präsident nicht verstehe, wie die Behörde für die Gesundheit der Amerikaner arbeite. Die FDA politisch zu instrumentalisieren sei gefährlich. "Sie muss unabhängig sein, um ihren Job ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zu machen", sagte sie.

Derzeit befinden sich mehrere Impfstoffkandidaten in großen klinischen Studien mit bis zu 30 000 Probanden. Sollten diese im Herbst erfolgreich abgeschlossen sein, könnten die Aufsichtsbehörden mit dem - normalerweise aufwendigen und langwierigen - Prozess der Zulassung beginnen. Experten der US-Regierung, darunter der Immunologe Anthony Fauci, haben sich zuversichtlich gezeigt, dass es Anfang oder Mitte 2021 einen wirksamen Impfstoff geben könnte.

In den USA, einem Land mit 330 Millionen Einwohnern, gibt es bislang rund 5,7 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 und 176 000 damit in Verbindung stehende Todesfälle. Täglich werden im Schnitt rund 45 000 Neuinfektionen gemeldet./jbz/DP/he

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