17.02.2014 15:58:31
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Gabriel: SPD-Führung hat Edathy nicht gewarnt
Von Andreas Kißler
BERLIN--Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat bestritten, dass er selbst oder andere führende Parteivertreter Sebastian Edathy wegen der gegen ihn erhobenen Kinderpornografie-Vorwürfe gewarnt hätten. Bei einer Pressekonferenz in Berlin verurteilte Gabriel das Verhalten Edathys scharf, gegen den im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt wird, und sprach zugleich Fraktionschef Thomas Oppermann sein Vertrauen aus.
"Niemand - weder ich selbst noch Frank-Walter Steinmeier oder Thomas Oppermann haben Sebastian Edathy oder sein mittelbares oder unmittelbares Umfeld über den Sachverhalt und unsere Erkenntnisse informiert oder gar gewarnt", sagte Gabriel. "Alle gegenteiligen Unterstellungen sind abwegig und diffamierend."
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat laut ihrem Sprecher Steffen Seibert ebenso wie ihr Kanzleramtschef Peter Altmaier (beide CDU) und die zuständige Abteilung im Kanzleramt erst am vergangenen Dienstag aus der Presse von den Ermittlungen erfahren. "Jetzt ist es für die Bundeskanzlerin wichtig, dass alle im Raum stehenden Fragen überzeugend geklärt werden", sagte Seibert bei einer anderen Pressekonferenz. "Jeder in der Bundesregierung, die Kanzlerin, jeder Minister ist ein Diener des Rechtsstaats."
Scharf kritisierte Gabriel das Verhalten Edathys, der den Bezug von Bildmaterial eingeräumt habe, bei dem es sich offenbar um Bilder unbekleideter Jugendlicher handle. "Unabhängig von der strafrechtichen Relevanz sind Präsidium und SPD-Parteivorstand entsetzt und fassungslos über diese Handlungen und über das Verhalten Sebastian Edathys", sagte Gabriel. Das Ausscheiden des SPD-Politikers aus dem Bundestag sei daher "mehr als gerechtfertigt" gewesen. "Sein Handeln ist unvereinbar mit der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag". Auch passe es nicht zur SPD.
Ausdrücklich bedauerten die SPD-Führungsgremien nach Angaben Gabriels den Rücktritt von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich, der Gabriel über die Vorwürfe gegen Edathy informiert hatte und deswegen im Zuge der Affäre zurückgetreten war. Der SPD-Vorsitzende bezeichnete Friedrichs Entscheidung, ihn zu informieren, als "menschlich höchst anständig", aber auch politisch vertretbar.
Oppermann habe sich "absolut korrekt verhalten", betonte der SPD-Chef zudem. Er habe in seiner Erklärung vom Donnerstag offen und transparent informiert und dies zuvor mit Friedrich abgesprochen. Scharf wies der Vizekanzler in diesem Kontext die Frage zurück, welchen Preis die SPD zu zahlen bereit sei, um Forderungen aus der CSU Genüge zu tun. "Ihre Frage stellt sich in der Koalition nicht, deswegen bedarf es auch keiner Antwort."
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte hingegen vor einer Ausweitung der Krise der Großen Koalition. "Es ist eine erhebliche Vertrauenskrise, wir müssen jetzt aufpassen, dass die Vertrauenskrise nicht zu einer Regierungskrise wird", sagte er dem Wall Street Journal Deutschland. "Im Moment beschäftigen wir uns mehr mit uns selber als mit wichtigen politischen Initiativen."
Aus der Politik waren nach Friedrichs Rücktritt Forderungen an die Adresse der SPD laut geworden. Friedrich war mit dem Schritt einem möglichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zuvorgekommen. Mit dem Rücktritt hatte der CSU-Politiker die Konsequenzen aus Vorwürfen gezogen, er habe in seiner Zeit als Innenminister Dienstgeheimnisse weitergegeben. "Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass ich im Oktober politisch und rechtlich richtig gehandelt", hatte er aber betont.
Der frühere Innenminister sah sich massiven Rücktrittsforderungen ausgesetzt, weil er laut Oppermann den SPD-Vorsitzenden Gabriel bereits im Oktober 2013 über Ermittlungen gegen den Edathy informiert hat. Edathy hatte am vorletzten Freitag sein Bundestagsmandat niedergelegt und dafür gesundheitliche Gründe angeführt.
Die Staatsanwaltschaft Hannover erklärte inzwischen, Edathy habe Videos und Fotosets postalisch und per Download bezogen, auf denen unbekleidete Jungen abgebildet gewesen seien. Man befinde sich "im Grenzbereich" zu dem, was die Justiz unter Kinderpornografie verstehe. Die Ermittler hatten heftige Kritik an der Weitergabe von Informationen im Fall Edathy geübt. Der Leiter der in dem Fall ermittelnden Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, hatte sich "erschüttert" darüber gezeigt, dass die Informationen an die Öffentlichkeit gelangt seien.
(Mitarbeit: Andrea Thomas)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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