17.12.2008 14:18:00
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FOKUS: Lufthansa dürfte bei AUA-Kauf keine Probleme mit EU bekommen
Von Kirsten Bienk und Jan Hromadko
Dow Jones NEWSWIRES
HAMBURG (Dow Jones)--In den nächsten Monaten wird die EU-Kommission entscheiden, ob der jüngste Konsolidierungsschritt in der europäischen Luftfahrtindustrie vollzogen werden kann und die Deutsche Lufthansa nach der Swiss auch die Austrian Airlines (AUA) im Nachbarland Österreich übernehmen darf. Kenner der Industrie erwarten, dass die EU trotz anhängiger Beschwerden von Mitbewerbern zustimmen und auch Österreichs geplante 500 Mio EUR schwere Mitgift für die noch teilstaatliche Fluglinie als Restrukturierungsmaßnahme freigeben wird."So genannte Umstrukturierungsbeihilfen sind grundsätzlich möglich, wenn dadurch die dauerhafte Rentabilität eines Unternehmens gesichert werden kann", sagte Rechtsanwalt Jens Peter Schmidt von der Kanzlei Mayer Brown in Brüssel. Derartige Beihilfen würden dann genehmigt, wenn ein Unternehmen geeignete Maßnahmen nennt, mit denen die Profitabilität wiederhergestellt werden könne.
Innerhalb von drei Jahren will die Lufthansa mit AUA Gewinne erwirtschaften. Vor knapp zwei Wochen hatte Deutschlands größte Airline in Wien mit der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) den Vertrag über den Kauf von 41,56% aller AUA-Aktien unterzeichnet. Air France-KLM und S7 waren zwar auch an der AUA interessiert, aber aus dem Verfahren ausgeschieden. Mit dem Kauf der zweiten nationalen Fluggesellschaft festigt Lufthansa ihre gute Stellung in Europa.
Dagegen wehren sich die Wettbewerber. Sie stören sich vor allem daran, dass Österreich AUA beim Verkauf teilweise entschuldet und sprechen von einer groben Wettbewerbsverzerrung. Ryanair und Air France-KLM haben sich deswegen bereits bei der Kommission beschwert, Air Berlin will das noch tun.
Weltweit ist die Luftfahrtbranche unter Druck. Nach monatelangem Höhenflug der Kerosinpreise leiden die Fluggesellschaften mittlerweile unter der konjunkturell bedingten rückläufigen Nachfrage. Dennoch beobachtet Anwalt Schmidt, dass Beihilfen vom Markt immer kritischer betrachtet werden und Wettbewerber zunehmend dagegen vorgehen.
Gleichwohl gehen neben Schmidt auch Analysten und Berater davon aus, dass die Beschwerden im konkreten Fall AUA nicht zu einem Verbot der Beihilfe führen wird. Sie sind vielmehr der Meinung, dass die Kommission der Übernahme zustimmen und die Lufthansa das AUA-Paket der ÖIAG zum günstigen Preis von 366.000 EUR zuzüglich Besserungsschein übernehmen kann. Dann müsste der Frankfurter Carrier beim Streubesitz nur noch das selbst gesteckte Ziel der Mindestannahmequote von 75% schaffen.
Lufthansa selbst hat sich sehr zuversichtlich geäußert, die Übernahme in Brüssel durchzubekommen. Vorstandsvorsitzender Wolfgang Mayrhuber sieht das Risiko eines wettbewerbsrechtlichen Verbotes sogar "gegen Null" gehend. Auch die ÖIAG gibt sich optimistisch. "Der Verkaufsprozess ist EU-konform" sagte ihre Sprecherin Anita Bauer. Dies hätten mehrere Gutachter bestätigt. Die AUA selbst wollte sich nicht äußern.
Analysten zweifeln ebenfalls nicht am Gelingen der Transaktion. Einserseits vertrauen sie dabei auf die Vorarbeit der Lufthansa, andererseits führen sie die schwierige Marktsituation der AUA ins Feld, die eigentlich keine Wahl lasse. Für Martina Noß von der Nord/LB etwa, wäre die Zukunft der AUA sehr ungewiss, sollten die 500 Mio EUR Teilentschuldung der österreichischen Regierung nicht fließen dürfen. Schon vor dem Hintergrund der allgemeinen Kreditkrise dürfte die Summe als Restrukturierungsbeitrag und nicht als unzulässige staatliche Beihilfe bewertet werden, sagte sie.
Analyst Per-Ola Hellgren von der Landesbank Baden-Württemberg verweist auf die intensiven Vorrecherchen der Lufthansa. Es sei davon auszugehen, dass der Vorstand seine Pläne vor Unterzeichnung des Kaufvertrages mit den Wettbewerbshütern besprochen und "indikative" Hinweise für eine Freigabe erhalten habe. Ansonsten hätte die Lufthansa eine Übernahme gar nicht weiter verfolgt, ist Hellgren überzeugt.
Auch Berater John Strickland von JLS Consulting wäre überrascht, wenn Lufthansa dieses Verfahren so weit vorangetrieben hätte ohne alle rechtlichen Fragen zu klären: "Ich bin sicher, dass Lufthansa diese Transaktion sehr gut vorbereitet hat", sagte er.
Jens Peter Schmidt von der Anwaltskanzlei Mayer Brown verweist auf den Fall der italienischen Staatsairline. "Alitalia war in den vergangenen Jahren Gegenstand verschiedener Beihilfeverfahren, einer Umstrukturierungsbeihilfe im Jahr 2001, einer Rettungsbeihilfe im Jahr 2004 sowie einer Rekapitalisierung durch ein Darlehen von 300 Mio EUR im Jahr 2008". Lediglich das Darlehen habe die Kommission als rechtswidrige Beihilfe angesehen.
Unklar ist noch, wann die Kommission entscheidet. Bisher liegen ihr die entsprechenden beiden Anträge noch nicht vor. "Es gibt noch keine Anmeldung der Vorhaben", sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd. Zur Dauer des Verfahrens äußerte sich der Sprecher nicht. Wettbewerber hätten aber ausreichend Zeit für einen Einspruch.
Lufthansa will die Übernahme Mitte Januar in Brüssel anmelden. Im Moment würden noch Gespräche über die Inhalte der Anmeldung geführt, sagte Sprecherin Claudia Lange. Mit einem Ergebnis rechnet der Konzern im Frühjahr 2009. Anschließend soll auch den außenstehenden AUA-Aktionären ein Übernahmeangebot gemacht werden.
Auf politischer Seite sind die Hürden genommen. Die österreichische Bundesregierung beschloss während ihrer Ministerratssitzung am Dienstag die AUA-Teilentschuldung für 500 Mio EUR. Die ÖIAG werde die Mittel an die AUA übertragen, sagte die Sprecherin von Bundeskanzler Werner Faymann.
Käme es in Brüssel überraschend doch zu einem Verbot, müsste Österreich einen neuen Käufer für ihre Airline suchen. Angesicht der bisher nur geringeren Zahl ernsthafter Interessenten dürfte dies ein schwieriges Vorhaben werden.
Webseite: http://www.lufthansa-financials.com/
-Von Kirsten Bienk und Jan Hromadko, Dow Jones Newswires; +49 (0)40 - 3574 3116, kirsten.bienk@dowjones.com DJG/kib/rio Besuchen Sie unsere neue Webseite http://www.dowjones.de (END) Dow Jones Newswires
December 17, 2008 07:44 ET (12:44 GMT)
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