15.05.2024 09:23:00

Fahrradboten - Momentum: Reale Lohneinbußen in vergangenen Jahren

Nach wie vor warten die Fahrradbotinnen und Fahrradboten auf den Kollektivvertrag (KV) für heuer, heute Mittag wird wieder einmal für den Lohnabschluss demonstriert. Wie das gewerkschaftsnahe Momentum Institut nun vorrechnet haben die Boten in den vergangenen Jahren inflationsbereinigt an Lohn eingebüßt. "Während die Löhne im Mai 2024 im Vergleich zu Anfang 2020 um 15,5 Prozent gewachsen sind, stiegen die Preise im Schnitt um mehr als ein Viertel", rechnen die Ökonomen vor.

Das aktuelle Angebot der Arbeitgeberseite von einem Lohnplus von 5,8 Prozent liege fast drei Prozentpunkte unter der Inflation der vergangenen zwölf Monate, also der als Verhandlungsbasis dienenden rollierenden Inflation. "Seit mehr als zwei Jahren können die ohnehin bereits recht geringen Löhne in der Fahrradboten-Branche nicht zur Teuerung aufholen", heißt es vom Momentum Institut.

"Hat man das 'Glück' und wird als Fahrradbotin und Fahrradbote überhaupt angestellt, fällt man in einen Kollektivvertrag, der am untersten Ende der KV-Mindestlöhne kratzt. Laut aktuellem Kollektivvertrag erhalten Boten einen Bruttostundenlohn von 10 Euro", kritisiert Momentum-Wirtschaftswissenschafter Jakob Sturn. Bei einer Vollzeitbeschäftigung würden im Schnitt etwas über 1.400 Euro netto übrig bleiben - damit liege die Entlohnung knapp an der Armutsgefährdungsschwelle. Zum Vergleich führt Sturn an, dass der durchschnittliche prognostizierte Bruttostundenlohn 2024 für Vollzeitarbeit über alle Branchen hinweg bei 28 Euro liege.

Und er stellt eine Relation zu den Preisen in der Gastrobranche her: "Die prognostizierten Preissteigerungen in der Gastronomie von Jänner 2020 bis März 2024 betragen 33,3 Prozent. Sein Fazit: "Das Essen, das Botinnen und Boten tagtäglich ausliefern, wird immer teurer, während ihr eigener Lohn auf der Strecke bleibt."

Die Lieferfirmen waren jedenfalls gestern bemüht, keine Angst vor leeren Mägen aufkommen zu lassen. Schließlich würde nicht alles über Lieferando, Foodora und Co ausgeliefert, sondern die Restaurants und Gasthäuser würden zum Teil auch selbst zustellen. So wird heute in Wien in der Zeit von 11.00 bis 14.30 Uhr bei den beiden Marktführern gestreikt. Die Gewerkschaft vida fordert Entgeltsteigerung von 8,7 Prozent, das Angebot der Arbeitgeber liege aber nur bei 5,8 Prozent, kritisieren die Arbeitnehmerverter.

Wobei innerhalb der Arbeitgeber teils unterschiedliche Interessen herrschen. Dies ruht daher, dass es die Marktteilnehmer mit der Anstellung ihrer Radler sehr unterschiedlich halten. Nur rund die Hälfte der Fahrer radelt auf Basis eines Kollektivvertrages, die andere Hälfte tritt als Einzelunternehmer in die Pedale. Rund 4.500 radelnde Zusteller gibt es in Österreich. Die Arbeitnehmervertreter kritisieren dies als Scheinselbstständigkeit, in die die Fahrerinnen und Fahrer gedrängt würden. Die Arbeitgeber wiederum meinen, dass die Selbstständigkeit von vielen Essenszustellern gewünscht werde.

Marktführer sind Foodora und Lieferando, in Wien gibt es mit Wolt noch einen dritten großen Anbieter. Bei Lieferando wird nach Kollektivvertrag geradelt, bei Foodora ist nur ein kleiner Teil der Fahrer angestellt, die große Mehrheit radelt als freier Dienstnehmer. Bei Wolt gibt es nur freie Dienstnehmer und Selbstständige. Das Brutto-Monatsgehalt liegt laut KV bei 1.730 Euro brutto.

stf/bel

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