06.01.2013 13:43:30

EZB erneut mit Problemen beim Sicherheiten-Management - Zeitung

   Von Hans Bentzien

   Die Europäische Zentralbank (EZB) hat offenbar anhaltend Probleme mit ihrem Sicherheiten-Management. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag hat die zum Eurosystem gehörende Banque de France sechs Banken zuviel Kredit auf kurzlaufende Anleihen (Short Term European Paper - STEP) gewährt. Allerdings hatten zumindest zwei der betroffenen Banken - Société Générale und UniCredit - offenbar so viele andere, höher bewertete Sicherheiten bei der Zentralbank eingereicht, dass ihre Zentralbankkredite überbesichert waren. Aus geldpolitischer Sicht ist also kein Schaden entstanden.

   Der Short Term European Paper Market, kurz STEP, ist der wichtigste unregulierte Handelsplatz für Anleihen mit Laufzeiten zwischen wenigen Tagen und einem Jahr. Laut Welt am Sonntag hat die EZB "nach eigenem Bekunden" kaum Informationen zum Geschehen auf diesem Markt: Für gängige Daten wie Volumen oder Verzinsung der STEP-Anleihen verweist sie auf die Banque de France, die als Schaltstelle für dem Umgang der Notenbanken mit STEP-Papieren fungiere.

   Die BdF bekommt ihre Informationen demnach allein von Euroclear France, wie die Notenbank mitteilte. Euroclear France ist wiederum ist eine Schwestergesellschaft der Euroclear Bank, die selbst ein großer Akteur am STEP-Markt ist. Dies könnte erhebliche Interessenskonflikte mit sich bringen, schreibt die Welt am Sonntag.

   Die EZB räumt ein, dass in 113 Fällen fällige Bewertungsabschläge für STEP-Papiere von der BdF falsch an die Zentrale in Frankfurt übermittelt worden sind. Mit diesen Abschlägen will die Zentralbank eigentlich dem Risiko der jeweiligen Wertpapiere Rechnung tragen - fallen die Abschläge geringer aus als gefordert, bekommen die Banken für diese Sicherheiten mehr Kredit.

   Die EZB hat die Liste der Wertpapiere, die als Sicherheit in geldpolitischen Repo-Geschäften zugelassen sind, in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Sie reagierte damit auf die stark zunehmende Nachfrage der Banken nach Liquidität, die diese sich nicht mehr von anderen Banken besorgen konnten.

   Allerdings liehen sich die Banken vor der Finanzkrise untereinander Geld, ohne dafür Sicherheiten zu fordern. Die EZB, die den Geldmarkt ab 2008 faktisch übernahm, forderte dagegen Sicherheiten, so dass vor allem bei Banken an der Euro-Peripherie nicht nur das Geld, sondern auch die als Sicherheit geeigneten Wertpapiere knapp wurden.

   Die Deutsche Bundesbank sieht diese Praxis der immer leichteren Kreditschöpfung sehr kritisch. Letzten Endes können über das Zahlungsverkehrssystem Target2 nur jene Kredite umverteilt werden, die die Zentralbanken des Eurosystems geschöpft haben. Allerdings haben die Target-Forderungen Deutschlands in letzter Zeit nicht mehr zugenommen, und die Kapitalflucht der Anleger aus Südeuropa scheint abzuebben. Die Beobachter gehen aber davon aus, dass die EZB notfalls auch eine weitere Lockerung der Sicherheitenregelungen vornehmen würde, um einen Zusammenbruch des Bankensektors zu verhindern.

   Der von der Welt am Sonntag recherchierte Fall ist von der Größenordnung her nicht gravierend. Betroffen waren danach Kurzläufer von sechs Banken, darunter die französische Société Générale sowie die italienische UniCredit. Die fraglichen Papiere hatten nach Angaben der EZB einen Gesamtwert von knapp 6,5 Milliarden Euro.

   Verrechnet man diese Summe mit den zu geringen prozentualen Risikoabschlägen, dann ergibt sich eine Summe von bis zu 550 Millionen Euro, die sich die Banken an zusätzlichen Zentralbankdarlehen verschaffen konnten, die nicht ausreichend besichert gewesen wären.

   Die "irrtümliche Datenübermittlung" habe aber in der Praxis "keine Auswirkungen auf die geldpolitischen Operationen gehabt", betont die EZB. Die Papiere seien zwar teilweise als Sicherheiten für Zentralbankkredite genutzt worden, aber in diesen Fällen hätten die entsprechenden Banken genug andere Wertpapiere verpfändet gehabt, so dass die Notenbankdarlehen unter dem Strich ausreichend besichert gewesen seien.

   Erst Anfang November hatte die Welt am Sonntag aufgedeckt, dass die spanische Notenbank bestimmte Staatsanleihen des Landes als vertrauenswürdiger einstuft hatte, als es die Rating-Regeln des Eurosystems erlaubt hätten. EZB-Präsident Mario Draghi hatte dies als Fehler bezeichnet und betont, man nehme die Sache sehr ernst. Die Kontrollen für die nationalen Notenbanken wurden seither verschärft. Die Bewertung von STEP-Papieren durch Euroclear France wurde bislang aber noch nicht verändert.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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