Liquidation |
29.01.2024 14:13:39
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Evergrande-Aktie stürzt 20% ab - Handel gestoppt: Auflösung von China Evergrande durch Gericht angeordnet
Die Anhörung habe eineinhalb Jahre gedauert, und die Firma sei immer noch nicht fähig, einen konkreten Vorschlag für eine Restrukturierung vorzubringen, sagte Chan, wie die "South China Morning Post" berichtete. "Ich denke, es ist Zeit für das Gericht zu sagen, genug ist genug", sagte sie demnach. Chan gab dem mit umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar weltweit am höchsten verschuldeten Konzern mehrmals Aufschub, um eine Lösung zu finden. Evergrande kann gegen das Urteil in Berufung gehen. Bis zu einer Entscheidung würde der Abwicklungsprozess allerdings erst einmal eingeleitet werden.
An der Hongkonger Börse rauschte das Papier der Evergrande Group am Montag in die Tiefe - 20,87 Prozent ging es nach unten auf zuletzt 0,163 Hondkong-Dollar. Der Handel mit der Aktie wurde gestoppt. Die Abwicklung Evergrandes könnte auf den Märkten, denen Peking jüngst versuchte, wieder auf die Beine zu helfen, Wellen schlagen und das Vertrauen in den chinesischen Immobilienmarkt weiter schwächen.
So könnte es weitergehen
Als nächstes beginnt die Suche nach einem Insolvenzverwalter. Dieser verkauft die Anlagen des Unternehmens, um damit die Schulden an die Gläubiger zu bezahlen. Dass die Gläubiger übrigens in Hongkong vor Gericht zogen, lag daran, dass Evergrande an der dortigen Börse gelistet ist. Ob das Urteil jedoch in Festlandchina, wo viel Vermögen des Konzerns sitzt und ein anderes Rechtssystem herrscht, umgesetzt wird, ist unklar. Für einen Verwalter könnte es schwer werden, am offiziellen Firmensitz im südchinesischen Guangzhou personelle Entscheidungen zu treffen.
Für die Gläubiger könnten die Aussichten eher schlecht stehen, viel von ihrem Geld wieder zu bekommen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Verwalter einen neuen Plan erarbeitet, die Schulden bei den Auslandskreditgebern umzubauen. Allerdings müsste dafür feststehen, dass der Konzern noch genug Anlagen hat, oder es müsste ein "Weißer Ritter" auftauchen, also ein Investor mit dem nötigen Geld.
Was der Fall Evergrandes für China bedeutet
Die Krise bei China Evergrande und im Immobiliensektor lastet schwer auf der chinesischen Wirtschaft. "In China Evergrade manifestiert sich die aktuelle Immobilienkrise in konzentrierter Form", sagt Chefökonomin Wang Dan von der Hang Seng Bank China. Für die Volksrepublik war Bauen einer der wichtigsten Konjunkturtreiber. Der Immobilienbereich macht der Expertin zufolge mehr als 20 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung aus. 2023 legte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach offiziellen Zahlen um 5,2 Prozent zu. In diesem Jahr könnte das Wachstum laut der Weltbank allerdings deutlich niedriger ausfallen.
Zudem war die Branche ein wichtiger Anlaufpunkt für arbeitsuchende Uniabsolventen. Mit wenigen Voraussetzungen ließ sich hier laut Wang gutes Geld verdienen, etwa als Makler oder als Angestellter in einer großen Immobilienfirma. Da der kränkelnde Sektor seine Rolle als Arbeitsbeschaffer mittlerweile verloren hat, trägt er nun zur hohen Arbeitslosigkeit unter jungen Leuten bei. "Viele Studenten finden heute keine Jobs mehr und werden vielleicht Taxifahrer", sagt Wang.
Immobilienkrise bis in Banken und Firmen verzweigt
Außerdem droht laut Wang den mehr als 4000 chinesischen Banken Ungemach. Ihre nicht zurückgezahlten Schulden seien mehr oder weniger mit Immobilien oder Anleihen der Lokalregierungen verbunden. Wenn der Markt für Immobilien einbreche, erhöhe sich der Druck auf die Banken deutlich. Doch damit ist nicht Schluss: Wenn viele Firmen sich von Banken Geld leihen, hinterlegen sie als Sicherheit meist Immobilien, wie Wang erklärt. Nun sei der Wert der Immobilien und damit der Sicherheiten gesunken, was bedeute, dass viele Firmen auch Liquiditätsprobleme hätten, sagt sie.
Im Fall von China Evergrande kam erschwerend hinzu, dass die chinesischen Behörden gegen den Konzern zu ermitteln begannen. Der Vorstandsvorsitzende und einst Asiens reichster Mann, Hui Ka Yan, steht wegen "illegaler Verbrechen" im Fokus der Untersuchung. Ein Verbot untersagte dem Unternehmen zudem, Dollar-Anleihen auszugeben, was ein wichtiger Teil des Sanierungsplans war.
Wie es überhaupt zu der Krise kam
In den Boom-Jahren nach der Jahrtausendwende investierten viele Chinesen in Immobilien, weil sie mehr Stabilität als der Aktienmarkt versprachen. Die Bauträger steckten ihre sprudelnden Einnahmen direkt in neue Projekte. Menschen hatten schon Wohnungen gekauft, die noch gar nicht fertig waren - und nun vielleicht auch nicht mehr fertig werden. Da die Wirtschaft seit der Corona-Pandemie schwächelt und die Menschen weniger Geld ausgeben, gingen auch die Einnahmen der Bauträger deutlich zurück. Dadurch konnten sie ihre Schulden nicht mehr begleichen. Die Regierung versuchte zuletzt, mit Lockerungen bei der Kreditvergabe Kaufanreize zu schaffen. Laut Berichten soll es auch eine Liste mit angeschlagenen Firmen geben, in die Banken investieren sollen, um ihnen aus der Misere zu helfen.
Ökonom: Evergrande-Krise bleibt wahrscheinlich beherrschbar
Die chinesische Immobilienkrise dürfte nach Einschätzung des Chinawissenschaftlers und Ökonomen Markus Taube für Peking beherrschbar bleiben und nicht zu einer internationalen Finanzkrise führen. "Ich sehe das ganz große Drama momentan noch nicht", sagte Taube am Montag auf Anfrage. "Es gibt ein beträchtliches Ausmaß an Verschuldung der chinesischen Unternehmen, aber ich halte das für vergleichsweise unproblematisch."
Nach Hongkonger Medienberichten hatte ein Gericht die Abwicklung des Immobilienriesen Evergrande angeordnet. Gläubiger des mit über 300 Milliarden Dollar verschuldeten Unternehmens melden immer neue Zahlungsausfälle.
"Ein Großteil der Schulden ist sowieso bei inländischen Gläubigern und nicht im Ausland platziert", sagte Taube dazu. "Das macht es deutlich weniger brisant. Wir haben in China keine freie Marktwirtschaft, sondern eine staatlich gesteuerte, und die Partei hat die Zügel in den vergangenen Jahren noch weiter angezogen." Spekulanten seien nicht in der Lage, "irgendwie gegen die Regierung zu wetten".
Der Immobiliensektor in den größeren chinesischen Städten zeige keinen wirklichen Einbruch der Verkaufspreise, "sondern die Wachstumsraten sind gesunken", sagte Taube. "Wir haben keinen so riesigen Einbruch wie beim Platzen der japanischen Immobilienblase Ende der 1990er Jahre." Im chinesischen Immobiliensektor sei außerdem deutlich weniger Kapital aus anderen Wirtschaftszweigen gebunden als damals in Japan, so Taube. "Ich würde daher nicht davon ausgehen, dass die chinesische Volkswirtschaft kollabiert."
Das Hongkonger Gerichtsverfahren betreffe zudem nur die in Cayman Islands registrierte und an der Hongkonger Börse notierte Unternehmenseinheit. "Eine ganze Reihe von in China registrierten Tochtergesellschaften sind nicht direkt tangiert", sagte der Wissenschaftler.
Die chinesische Regierung habe sich klar positioniert und eine Hierarchie aufgebaut, welche Schulden zuerst bedient würden. Der schlimmste Ausfall komme auf ausländische Unternehmen zu, die etwa hochverzinsliche Ramschanleihen gekauft hätten, sagte der Ökonom. /jon/DP/stk
HONGKONG (dpa-AFX)
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