10.03.2016 18:01:45
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Erbschaftsteuerreform wohl nicht mehr vor Ostern - Kreise
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Zeitplan für die umstrittene Reform der Erbschaftsteuer verschiebt sich wegen eines Streits in der Regierungskoalition immer weiter nach hinten. In Koalitionskreisen wird inzwischen nicht mehr damit gerechnet, dass das Vorhaben noch im März und damit vor Ostern unter Dach und Fach gebracht werden kann. "Möglich wäre ein Beschluss des Bundestags im April", hieß es. Dann könne das Gesetz Mitte Mai in den Bundesrat kommen.
Dafür müssten allerdings erst einmal die Bedenken des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ausgeräumt werden. Zwar haben sich die Bundestags-Fraktionsführungen von CDU/CSU und SPD auf ein Kompromissmodell für die Reform verständigt, Seehofer hat aber noch weiter gehende Forderungen hinterhergeschickt und besteht auf einem Gespräch der Parteichefs der Großen Koalition zur Klärung der Frage.
In der Koalition wird deshalb auch ein Beschluss "auf den letzten Metern" für möglich gehalten. "Es kann gut passieren, dass es sich noch so lange im Bundestag hinzieht, dass wir erst den Bundesrat am 17. Juni oder 8. Juli erreichen", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.
Seehofer will Kompromiss nachbessern Das Modell, auf das sich die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU), Gerda Hasselfeldt (CSU) und Carsten Schneider (SPD) vor einem Monat eigentlich verständigt haben, sieht zum Teil weit reichende Korrekturen an dem ursprünglichen Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor. Der grundsätzliche Plan, notfalls auch das Privatvermögen der Unternehmer zur Zahlung der Erbschaftsteuer auf Betriebe heranzuziehen, wird aber beibehalten.
Doch Seehofer will dies und sieben weitere Punkte so nicht stehen lassen. Einbezogen werden solle nicht das bei dem Erben schon vorhandene Vermögen, "sondern nur das im Erbfall oder im Wege der Schenkung übergegangene", heißt es in einem Papier mit acht bayerischen Forderungen zur Veränderung des Erbschaftsteuermodells, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Auch weitere Forderungen Seehofers stehen in Widerspruch zu Schäubles Entwurf und dem Koalitions-Kompromiss.
Dieser sieht unter anderem eine Lockerung der Bewertungsregeln für Betriebsvermögen vor. Der Wert der Unternehmen soll niedriger berechnet werden, indem Unternehmen in dem verwendeten vereinfachten Ertragswertverfahren künftig mit dem Zwölffachen ihres Jahresgewinns bewertet werden und nicht wie bisher mit dem 18-Fachen. Auch soll es Ausnahmen für Investitionsmittel geben, wenn die Erben Barmittel innerhalb eines Jahres wieder in die Firma investieren.
Zeit für Neuregelung wird knapp Die Gesetzespläne sehen vor, dass notfalls ein Teil des Privatvermögens der Unternehmer zur Zahlung der Erbschaftsteuer auf Betriebe herangezogen wird. Dafür soll eine Freigrenze von 26 Millionen Euro gelten: Liegt das ererbte Betriebsvermögen darüber, soll das Privatvermögen bis maximal zu seiner Hälfte zur Begleichung der Erbschaftsteuer dienen. Dazu soll zuvor eine Bedürfnisprüfung gemacht werden.
Kleinunternehmen sollen aber von der Steuer verschont werden, wenn sie Arbeitsplätze erhalten. So müssen Erben von Betrieben mit bis zu drei Beschäftigten keine Erbschaftsteuer zahlen, wenn sie das Unternehmen sieben Jahre fortführen. Seehofer verlangt allerdings unter anderem, die Zahl der Beschäftigten bei der Nichtaufgriffsgrenze auf fünf anzuheben, und nimmt damit eine Forderung aus der Wirtschaft auf. Finanzpolitiker fürchten jedoch ein erneutes Veto aus Karlsruhe bei zu wirtschaftsfreundlichen Regelungen.
Die Zeit für eine Einigung wird langsam knapp: Bis Ende Juni 2016 muss die Steuer neu geregelt sein, weil das Bundesverfassungsgericht Teile der bisherigen gesetzlichen Regelung verworfen hat. Erfolgt bis dahin keine Neuregelung, könnte Karlsruhe erklären, wie einstweilig mit der Erbschaftsteuer verfahren wird. Schäuble hat die Wirtschaft aber schon gewarnt, er würde nicht auf die Hoffnung setzen, dass es ab dann gar keine Erbschaftsteuer mehr gibt.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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March 10, 2016 11:31 ET (16:31 GMT)
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