05.10.2022 12:33:00
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Economica: Die Straße als unterschätzter Wirtschaftsfaktor
Laut der Studie müssen 126.000 Kilometer Straßeninfrastruktur in Österreich laufend erhalten werden. "Gehen die Aufwendungen für die Instandhaltung von Straßen und Brücken weiter so stark zurück wie zuletzt, sind in den kommenden Jahren rund 23.000 Arbeitsplätze gefährdet", so das Ergebnis der Berechnungen von Christian Helmenstein, Vorstand von Economica.
Die Straße sei demnach ein zentraler Produktionsfaktor für die österreichische Wirtschaft und sie sei unverzichtbare Basis für den Umweltverbund (Öffentlicher Verkehr, Radfahrer, Fußgänger) und Zubringer zur Schiene, zu Flughäfen oder zu Wasserstraßen. Eine bessere Infrastruktur sei gleichbedeutend mit einer höheren Produktivität. Allerdings werde heute real weniger in die Straßeninfrastruktur investiert als in den 1970er- und 1980er-Jahren.
In den vergangenen Jahren habe sich folgender Trend gezeigt: Es stünden weniger Straßenkilometer zur Verfügung, gleichzeitig steige deren Beanspruchung. Seit der Jahrtausendwende würden die Investitionen in Erhalt und Ausbau der Straßeninfrastruktur sinken. Erschwerend käme hinzu, dass Straßen seit dem Wegfall der Zweckwidmung der Mineralölsteuer im Wettstreit mit anderen wichtigen Budgetposten stünden - wie etwa sozialen Einrichtungen.
Dabei liegen für den Studienautor die Vorteile auf der Hand: So habe 2019 eine Steigerung des Kapitalstocks um 1 Prozent zu einer Verringerung der Lohnkosten um 0,2 Prozent geführt. Dadurch wiederum sei die Arbeitsnachfrage der Unternehmen um 0,04 Prozent gestiegen.
Allerdings habe sich zwischen 2010 und 2020 der Straßenkapitalstock um 11,4 Prozent verringert. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen und ähnlichen Investitionssummen in der kommenden Dekade könnte dies zwischen 16.882 und 22.871 Arbeitsplätze kosten, hat Helmenstein errechnet.
"Wir beobachten eine rückläufige Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand, die auch zu Lasten der Verkehrssicherheit geht und letztlich auch massive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben kann", warnt Mario Rohracher, Generalsekretär der GSV. Wer rechtzeitig saniere, senke die Instandhaltungskosten. Wer nicht investiere, müsse mittelfristig neu bauen, so die Warnung.
Noch kritischer sei das Ausfallen von Brückenbauwerken. In der Regel seien damit massive Verkehrsprobleme verbunden. Für Verkehrsteilnehmer in Wien war zuletzt etwa die Franzensbrücke gesperrt. Was auf die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer in etwa drei Jahren zukomme, sei die Generalsanierung der Luegbrücke auf der Brennerautobahn. Ab 2025 werde die Brücke in jede Richtung nur noch einspurig befahrbar sein. Das Verkehrschaos sei vorprogrammiert. "Bei Brücken besteht dringender Handlungsbedarf", sagt Rohracher.
Welch dramatische Folgen die Sperre einer Autobahnbrücke haben könne, zeige sich aktuell im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen: Wegen einer gesperrten A45-Brücke verzeichne das Klinikum Lüdenscheid eine Zunahme an Kündigungen seiner Beschäftigten. Die Verkehrssituation könne sogar zu einem Engpass bei der medizinischen Versorgung führen.
In Österreich seien vier Prozent der rund 17.000 Brücken mangelhaft oder in schlechtem Zustand. Jedes zweite Brückenbauwerk sei 40 Jahre alt oder älter.
Hinzu komme, dass eine Investition von 1 Mio. Euro während der Bauphase 6 Arbeitsplätze schaffe. Den langfristigen Beschäftigungseffekt von 1 Mio. Euro Straßenkapitalstock gibt Helmenstein mit 10 Arbeitsplätzen an.
Nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch die öffentliche Hand profitiere von den Investitionen. Denn von den Gesamtinvestitionen in der Größenordnung von 1,1 Mrd. Euro würden rund 300 Mio. Euro an sie zurückfließen."Wir fordern Investitionen in der Größenordnung von mehr als 800 Millionen Euro pro Jahr", sagt Rohracher. Denn jeder investierte Euro in die Straßenerhaltung löst weitere 90 Cent an Investitionen aus, rechnet Helmenstein vor.
fel/cgh
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