KI-Boom als Gefahr 06.04.2024 21:16:00

Die Kehrseite der KI-Medaille: Droht eine Energiekrise durch steigenden Verbrauch?

Die Kehrseite der KI-Medaille: Droht eine Energiekrise durch steigenden Verbrauch?

• KI-Boom führt zu Anstieg des Stromverbrauchs
• Steigende Energienachfrage kann womöglich nicht gedeckt werden
• KI könnte auch dabei helfen, mögliche Energiekrise zu bewältigen


Tesla-Chef Elon Musk warnte bereits im vergangenen Jahr vor einem drohenden Energiemangel in den USA. Bis 2045 dürfte sich der US-Stromverbrauch laut Musk aufgrund der zunehmenden Verbreitung von E-Autos und KI-Anwendungen verdreifachen. "Ich kann nicht genug betonen: Wir brauchen mehr Strom", so der Tesla-Chef. Doch obwohl KI-Anwendungen sehr rechenintensiv sind, viel Strom benötigen und so die Nachfrage nach Energie hochtreiben, könnten sie womöglich auch zur Lösung des Problems beitragen. Denn künstliche Intelligenz könnte auch dazu benutzt werden, die Energienachfrage besser zu prognostizieren und die Effizienz im Energiebereich zu steigern.

Prognosen: So groß ist der Energiehunger von KI

Der momentane KI-Boom führt zu einem starken Anstieg der Energienachfrage, da immer mehr Datenzentren entstehen, die KI-Anwendungen betreiben, und diese zudem mehr Strom benötigen als herkömmlich CPU-Server-Farmen. Laut "Barron's" porgnositizerte der Energieversorger AES kürzlich unter Berufung auf Daten der Boston Consulting Group, dass Rechenzentren bis 2030 für bis zu 7,5 Prozent des gesamten US-Stromverbrauchs verantwortlich sein dürften. Wie es bei dem Nachrichtenportal mit Verweis auf die Daten der Boston Consulting Group weiter heißt, werde erwartet, dass sich der Anteil der Rechenzentren am US-Stromverbrauch voraussichtlich von 126 Terawattstunden im Jahr 2022 auf 390 Terawattstunden im Jahr 2030 verdreifachen werde.
In Deutschland wies indes Siemens Energy-CEO Christian Bruch kürzlich in seiner Rede auf der Hauptversammlung des Konzerns auf den wachsenden Strombedarf von KI-Datenzentren hin, der sich weltweit bis 2030 versechsfachen dürfte. "Das heißt, ohne resiliente Stromversorgung keine KI. Oder noch klarer: Kein Fortschritt ohne Strom", so Bruch.

Der Anstieg des Stromverbrauchs wird laut "Barron's" dabei nicht nur durch die wachsende Anzahl der pro Jahr verkauften GPUs und der gleichzeitig entstehenden neuen Rechenzentren ausgelöst, sondern auch durch eine höhere Leistungsaufnahme pro GPU. Dafür zitiert das Portal Prognosen des Marktforschungsunternehmens Gartner, wonach KI-GPUs momentan im Schnitt 650 Watt verbrauchen würden, dieser Wert bis 2026 jedoch auf 1.000 Watt ansteigen dürfte.

Engpässe bei Stromversorgung befürchtet

Insgesamt könnte die steigende Energienachfrage in Zukunft zu einem Engpass bei der Stromversorgung führen. So seien die Projektionen für die Stromnachfrage laut "Washington Post" kürzlich aufgrund des KI-Booms deutlich nach oben geschraubt worden. Die Versorger dürften diese Kapazitäten jedoch voraussichtlich nicht so schnell aufbauen können, wie sie benötigt werden. "Überall sehen wir, dass Energieversorger sagen: 'Wir wissen nicht, ob wir damit klarkommen; wir müssen unser System prüfen; Wir hatten noch nie zuvor mit einem solchen Zustrom zu kämpfen'", zitiert die "Washington Post" Andy Cvengros, Geschäftsführer für Rechenzentrumsmärkte beim Immobiliendienstleister JLL. Diese Entwicklung führe laut "Barron's" bereits jetzt dazu, dass Datenzentren in völlig neuen Regionen gebaut werden, in denen die Energieversorgung besser ist, da die Netze in den bisher bevorzugten Gegenden teilweise nicht noch mehr Datenzentren stemmen könnten.

So könnte KI zur Verringerung des Energieproblems beitragen

Während die Zunahme von ebenso energiehungrigen wie rechenstarken KI-Servern als Haupttreiber für die aktuellen Entwicklungen auf den US-Energiemärkten gilt, könnten diese andernorts auch für die Einsparung von Energie sorgen, da sie sie viele herkömmliche Server ersetzen könnten. Laut Chip-Hersteller und KI-Platzhirsch NVIDIA könnten zwei GPU-Server die Arbeit von 1.000 CPU-Servern erledigen - und das zu einem Bruchteil der Energie und Kosten, heißt es bei "Barron's". Super Micro Computer, ein weiterer großer Gewinner des KI-Hypes, geht unterdessen laut dem Nachrichtenportal davon aus, das KI-Rechenzentren Energie und Kosten deutlich senken könnten, wenn sie von luftbasierter Kühlung auf Flüssigkeitskühlung umstellen würden. Bis dahin verbrauchen die herkömmlichen Kühlungssystem jedoch deutlich mehr Energie, da KI-Server laut "Barron's" fünfmal mehr Hitze erzeugen als traditionelle CPU-Server.

Laut Experten bietet aber auch die künstliche Intelligenz selbst Potenzial zur Lösung eines möglichen Energieproblems. In Rechenzentren könnte KI etwa "zur Verbesserung der Effizienz eingesetzt werden, indem Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Kühlung modelliert werden", sagte Christopher Wellise, Vizepräsident für Nachhaltigkeit beim Rechenzentrumsunternehmen Equinix gegenüber "Barron's". Bei Eqinix selbst habe man auf diese Weise laut Wellise die Energieeffizienz bereits um neun Prozent verbessert.
In größerem Maßstab gedacht, könnte es KI den Versorgern laut "The National Interest" durch prädiktive Analysen ermöglichen, das Stromnetz flexibler zu machen. So könnten KI-Analysen dabei helfen, Energienachfrage und -angebot zu antizipieren, Stromproduktion und -verteilung entsprechend anzupassen und so das Risiko von Stromausfällen zu verringern.

Sorgen vor Energieproblem übertrieben? Experte sieht Problem eher bei Übertragungsinfrastruktur

Doch womöglich gibt es durch KI auch gar keinen Engpass bei der Energiemenge. Das glaubt zumindest Marc Ganzi, CEO des Finanzinvestors DigitalBridge. "Es ist nicht so sehr, dass wir ein Energieproblem haben. Wir haben ein Problem mit der Übertragungsinfrastruktur", sagt er laut "Barron's" mit Blick auf die USA, wo zahlreiche große Tech-Firmen ihre Rechenzentren unterhalten. "Strom ist in den Vereinigten Staaten reichlich vorhanden, aber er wird weder effizient übertragen noch effizient verteilt". Damit wären hauptsächlich die Versorger in Pflicht, ihre Netze zu modernisieren und weiter auszubauen, um mit dem technologischen Wandel Schritt halten zu können.

Redaktion finanzen.at

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Bildquelle: PopTika / Shutterstock.com

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