03.09.2018 20:15:43

DGB und Arbeitgeber über Chancen der Digitalisierung einig

Von Stefan Lange

MESEBERG (Dow Jones)--Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben in einem bemerkenswerten Schulterschluss die Chancen der Digitalisierung betont. BDI-Chef Dieter Kempf und der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann erklärten beim "Zukunftsgespräch" der Bundesregierung am Montagabend auf Schloss Meseberg übereinstimmend, dass der Mensch beim zu erwartenden Strukturwandel im Mittelpunkt zu stehen habe und die Digitalisierung am Ende mehr Arbeitsplätze schaffen als vernichten werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, die Digitalisierung werde "große Strukturumbrüche" in der Arbeit bringen. Seit dem letzten Meseberger "Zukunftsgespräch" vor drei Jahren zu diesem Thema habe es bereits große Fortschritte gegeben, erklärte die CDU-Vorsitzende und verwies insbesondere auf die Ausgestaltung der "Nationalen Weiterbildungsstrategie".

Mensch steht im Mittelpunkt

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, Deutschland lebe von seiner Innovationsfähigkeit. Durch die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung könnten neue Märkte und neue Angebote geschaffen werden. Gleichzeitig müsse sichergestellt sein, dass es sich um sichere Arbeit handele. Es könne nicht sein, dass die Technik die arbeitsmarktpolitischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in Frage stelle.

Hoffmann erklärte, die entscheidende Frage sei, wie der Wandel nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch sozial verträglich gestaltet werden könne. Die Sozialpartner seien sich darüber im Klaren, dass es nicht darum gehe, was technisch machbar sei. Vielmehr müsse der Mensch im Mittelpunkt stehen.

Gleichzeitig zeigte sich Hoffmann überzeugt, dass Arbeitsplatzverlust im Zuge der Digitalisierung nicht zu befürchten sei. Der Deutsche Gewerkschaftsbund habe nicht die Sorge, wie sie in vielen Umfragen geäußert werde und nach denen nahezu 50 Prozent der Stellen wegfallen könnten. "Wir teilen diesen Pessimismus nicht", sagte Hoffmann. Der Strukturwandel könne sich durchaus im Interesse der Menschen gestalten lassen.

Enorme Möglichkeiten

Kempf zeigte sich sicher, dass die Digitalisierung der Wirtschaft "enorme neue Möglichkeiten" bringen könne. "Wir sollten genau diese Chancen betonen", sagte Kempf. Ziel müsse es sein, möglichst alle Menschen auf diesem Weg mitzunehmen.

Kempf mahnte aber auch, dass man dazu einige "Komfortzonen" verlassen und sich teilweise andere Begrifflichkeiten angewöhnen müsse. Ob "lebenslanges Lernen" als Ziel wirklich attraktiv sei oder doch vielleicht eher Ängste bei den Menschen wecke, darüber müsse man noch mal nachdenken.

Im November geht es weiter

Über die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt gibt es noch keine umfassenden Betrachtungen. In der Autoindustrie beispielsweise könnten sie einer Studie zufolge schlimmstenfalls knapp ein Drittel der Arbeitsplätze vernichten. Um das heutige Produktionsvolumen zu erreichen, benötige die Branche in zehn Jahren 30 Prozent weniger Angestellte, heißt es in einer Analyse der Beratungsfirma Oliver Wyman.

Demnach wird durch die Digitalisierung insgesamt bis 2025 jeder zweite Arbeitnehmer bei den deutschen Autobauern von Automatisierung oder Outsourcing betroffen sein oder neue digitale Kompetenzen erwerben müssen.

Der nächste Schritt der Bundesregierung wird im November erwartet. Auf einer Klausurtagung des Kabinetts soll dann eine gemeinsame Umsetzungsstrategie zur Steuerung der Digitalvorhaben beschlossen werden. Die Strategie soll neben konkreten Umsetzungsberichten auch messbare Zielvorgaben beinhalten.

Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

DJG/stl/kla

(END) Dow Jones Newswires

September 03, 2018 14:15 ET (18:15 GMT)

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