22.09.2013 19:08:58

DER STANDARD - Kommentar "Triumph des Mittelmaßes" von Alexandra Föderl-Schmid

Die CDU profitiert von Merkels Kanzlerbonus und ihrer Positionierung in der Mitte - Ausgabe vom 23.9.2013

Wien (ots) - Für Angela Merkel ist der Ausgang der Bundestagswahl in Deutschland eine fulminante Bestätigung. Der Wahlerfolg der Unionsparteien ist deutlicher ausgefallen als erwartet. Merkel hat, gestützt auf ihre persönlichen Zustimmungswerte im Ausmaß von 70 Prozent, den Urnengang zur Kanzlerwahl stilisiert. Sie hat die Wahlkampagne völlig auf sich konzentriert und in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass es diesmal keine Leihstimmen aus dem bürgerlichen Lager für den bisherigen Koalitionspartner FDP geben wird. Ein beträchtlicher Teil derjenigen, die 2009 noch den Liberalen ihre Stimme gegeben haben, sind diesmal ins Lager der Union gewechselt oder zurückgekehrt. Mit ihrer Ansage "Zweitstimme ist Kanzlerstimme"hat sie die FDP ins politische Aus katapultiert. Die Partei hat ihre Schuldigkeit getan - so Merkels Machtkalkül. Das Debakel für die FDP verändert die politische Parteienlandschaft in Deutschland massiv. In 13 von 17 Legislaturperioden waren die Liberalen sogar in Regierungsverantwortung. Der Wahlausgang vom Sonntag hat der großen Koalition den Weg geebnet. SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück hat nach einem eher missglückten Start und Pannen zwischendurch im Wahlkampffinish aufgeholt - trotz Stinkefinger im Finale. Steinbrück hat den Sozialdemokraten einen Stimmengewinn beschert. Die innerparteilichen Alternativen Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel hätten vermutlich auch nicht mehr herausgeholt. Ob er tatsächlich dem Druck in seiner Partei widerstehen wird, nicht in eine Koalition mit Merkel einzutreten, wie er vor einigen Tagen in einem Standard-Interview nach der Bayern-Wahl noch einmal beteuert hat, wird sich zeigen. An Merkels Seite hat er als Finanzminister bereits eine Legislaturperiode absolviert. Die beiden waren ein gutes Team zu Beginn der Eurokrise, wie auch die große Koalition atmosphärisch besser funktioniert hat als das von Merkel nicht geliebte schwarz-gelbe Bündnis. Merkels Position in der CDU ist unumstrittener denn je nach diesem Wahlerfolg. Die ostdeutsche Pfarrertochter, die es nur wegen der Parteispendenaffäre unter Helmut Kohl an die Spitze geschafft und von allen unterschätzt worden ist, hat die Partei umgekrempelt. Den Kurs der CDU halten parteiinterne Kritiker schon für sozialdemokratisch: Ausbau der Kindertagesstätten, Abschaffung der Wehrpflicht, die Neupositionierung in Integrationsfragen und bei der Homo-Ehe gehören dazu. Der Atomausstieg nach der Katastrophe von Fukushima trug entscheidend dazu bei, dass den Grünen ein wichtiges Thema im politischen Wettstreit abhandengekommen ist. Merkels Mäanderkurs hat der CDU neue Wähler zuführt - die Konservativen sind zwar verärgert, haben aber keine andere Option, als zähneknirschend doch für die Kanzlerin zu stimmen. Über die Stimmung in diesen Reihen gibt ein Text des über eine Plagiatsaffäre gestürzten ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg am Wochenende in der Financial Times Auskunft, der Merkels Politikstil wie folgt beschreibt: "Erstens, halte dir alle Möglichkeiten offen, aber tue dies entschieden. Zweitens, zögere energisch."Drittens wirft er ihr 170-Grad-Drehungen vor, denn "180-Grad-Drehungen würde sie immer auf denselben Punkt zurückführen."Mit Merkels Mittekurs triumphiert das Mittelmaß.

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