09.05.2013 18:29:58

"DER STANDARD"-Kommentar: "Der Genfer Strohhalm" von Gudrun Harrer

Die USA und Russland reaktivieren ihren Minimalkonsens zum Syrien-Konflikt - Ausgabe vom 10.5.2013

Wien (ots) - Man weiß natürlich nicht, wie weit die amerikanisch-russischen Pläne für eine Syrien-Konferenz vor einer Woche schon gediehen waren: Aber es darf spekuliert werden, dass ihnen die substanziellen israelischen Angriffe auf militärische Ziele bei Damaskus, wenngleich in dieser Form unbeabsichtigt, eher dienlich waren. Der russische Präsident Wladimir Putin soll der israelischen Regierung danach ziemlich brüsk klargemacht haben, dass Moskau Israels militärisches Eingreifen gegen das Assad-Regime nicht duldet. Worauf Berichte auftauchten, dass Russland davor stehe, an Syrien das berühmte S-300-Luftabwehrsystem zu liefern - das nicht einmal der Iran von Russland bekommen hatte, nach einer US-Intervention in Moskau. All das würde den Krieg in Syrien immer nur noch länger und blutiger machen. Als das Genfer Kommuniqué, auf dessen Grundlage die Syrien-Konferenz noch im Mai stattfinden soll, im Juni 2012 herausgegeben wurde, war im Grunde keine der beiden Seiten an den vorgesehenen Verhandlungen interessiert. Die syrische politische Opposition, die kämpfenden Rebellen und ihre Unterstützer dachten, der Sturz Bashar al-Assads sei nur mehr eine Frage der Zeit. Für Assad wiederum gab es nur die militärische Antwort auf die Rebellion, die er als Verschwörung von außen betrachtet. In den vergangenen Wochen hat das Regime jedoch wieder militärische Erfolge verzeichnet. Davon, die Rebellen - die demnächst auch ganz offiziell Waffen bekommen könnten - zu besiegen, ist es aber weit entfernt. Ein Ende ist nicht in Sicht, es gibt im Moment keine militärische Lösung in Syrien. Oder andersherum: Wenn dieser Krieg ausgefochten sein wird, wird es kein Syrien mehr geben. Auch andere Länder stehen vor dem Abgrund: Wenn der Flüchtlingszustrom in dieser Form anhält, werden in einem Jahr 40 Prozent der jordanischen Bevölkerung syrische Asylanten sein. Uno-Vermittler Lakhdar Brahimi, der den Hut bereits in der Hand hatte, weil er den Genfer Plan für tot hielt, wird nun noch bleiben müssen. Der neue Anlauf ist aber vielleicht die letzte Chance für die Syrien-Diplomatie. Die USA und Russland sprangen dafür bereits über hohe Schatten: US-Außenminister John Kerry rückte von der Forderung ab, dass Assad sofort gehen müsse. Und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow kam ihm aus der anderen Richtung entgegen: Er sei nicht "am Schicksal gewisser Personen interessiert". Ob Bashar al-Assad irgendwelche Schlüsse daraus zieht, liegt auch daran, wie Teheran auf ihn einwirken wird. Dort sollte man wiederum begriffen haben, dass ein volles iranisches Einsteigen in den Syrien-Konflikt, und sei es auf dem Umweg über die libanesische Hisbollah, von Israel nicht toleriert werden wird. Wenn Moskau Teheran überzeugen muss, nicht querzusteuern, dann hat Washington die gleiche schwierige Aufgabe in Ankara, Doha und Riad - und bei den eigenen sowie einigen europäischen Falken. Einen Regierungsvertreter in Damaskus zu finden, der für Teile der Opposition akzeptabel ist - der mit Assad überworfene, aber nicht abgesprungene Vizepräsident Faruk al-Shara wird immer wieder genannt -, ist vielleicht sogar leichter, als einen Oppositionellen mit breitem Vertretungsanspruch aufzustellen. Aber es muss versucht werden. Alles ist besser als diese passive Fassungslosigkeit, mit der die Welt dem Morden in Syrien zusieht.

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