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Trendumkehr voraus? 16.04.2023 17:03:00

Chefwechsel bei japanischer Zentralbank: Wird Japan nun zum Problem für die globalen Finanzmärkte?

Chefwechsel bei japanischer Zentralbank: Wird Japan nun zum Problem für die globalen Finanzmärkte?

• Japanische Zentralbank praktizierte bisher ultralaxe Geldpolitik
• Trendumkehr könnte Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte haben
• Veränderungen im Bankensektor könnten dazu führen, dass politische Entscheidungsträger Finanzstabilität priorisieren


Bisherige Geldpolitik der Bank of Japan

Kazuo Ueda ist neuer Präsident der japanischen Zentralbank "Bank of Japan" (BOJ). Im Alter von 78 Jahren gab Haruhiko Kuroda, der den Posten etwa zehn Jahre innehatte, am 8. April seinen Titel ab. Laut dem Manager Magazin war der neue Zentralbank-Chef Ueda als renommierter Geldpolitikforscher mit einem Doktortitel vom Massachusetts Institute of Technology von April 1998 bis April 2005 Mitglied des geldpolitischen Rates der Notenbank. Unter Experten gilt er als "geistiger Vater der lockeren Geldpolitik in Japan." Damit ist Ueda nun Japans erster Notenbankchef mit einem akademischen Hintergrund, wie finanzmarktwelt berichtet. Marktteilnehmer verfolgen nun mit Spannung, wann und wie Ueda plant, Japans Geldpolitik zu normalisieren.

Uedas Vorgänger prägte seinerzeit die "Abenomics" stark mit. Mit dem Begriff wird eine spezielle Form der Wirtschaftspolitik beschrieben, die in Japan seit 2012 Anwendung findet. Der Begriff leitet sich aus dem englischen Begriff für Wirtschaft (Economics) und dem Namen des damaligen amtierenden japanischen Premierministers Shinzo Abe ab. Die Abenomics-Wirtschaftspolitik zeichnete sich durch ein Zusammenspiel von Maßnahmen aus, die zum Ziel haben, die Wirtschaft anzukurbeln. Zum einen sollen umfangreiche Konjunkturpakete die Konjunktur ankurbeln, während eine massive Geldschwemme die Kreditvergabe erleichtert. Als dritte Säule soll eine Deregulierung dazu beitragen, dass die Wirtschaft weiter stimuliert wird.

Doch die Abenomics und die ultralaxe Geldpolitik mit einem bis heute negativen Leitzins seien nicht mehr zeitgemäß, erklärt finanzmarktwelt. Die Inflationsrate für Verbraucher im Februar dieses Jahres lag bei 4,3 Prozent. Ein Jahr zuvor lag der Wert nur bei etwas mehr als einem Zehntel dieser Inflationsrate auf Jahresbasis (0,5 Prozent). Die ultraniedrigen Zinssätze bestraften zudem die inländischen Sparer und führten zu einer Flut von Geld, die ins Ausland geschickt wurde, erklärt Bloomberg. Der Exodus beschleunigte sich, nachdem 2016 die Anleiherenditen sanken, und gipfelte in einem Berg von Offshore-Investitionen im Wert von mehr als zwei Dritteln der japanischen Wirtschaft. Während der Amtszeit von Kuroda stieg außerdem die Bilanzsumme der Bank of Japan stark an, was sich auch auf das Bruttoinlandsprodukt auswirkte, so finanzmarktwelt. Die exzessive Aufblähung der Bilanzsumme der Bank of Japan hatte auch positive Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte, da man Aktien, ausländische Staatsanleihen und sogar Real Estate Investment Trusts (REITs) erworben hatte. Aktuell liegt die Bilanzsumme der Bank of Japan bei einem neuen Allzeithoch von knapp 740 Billionen Yen (5,15 Billionen Euro), während das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022 bei 546 Billionen Yen (3,8 Billionen Euro) liegt.

Marktteilnehmer befürchten nun, dass die Bank of Japan mit der neuen Führung eine Kehrtwende in Bezug auf Zinsen und Bilanzsumme vollzieht und sich damit verspätet dem Straffungskurs der EZB und der Fed anschließt. Und das, obwohl die Nebenwirkungen der Geldpolitik in den USA und Europa bereits erheblich sind. Ein Umstand, der die gesamte Finanzwelt beunruhigen könnte.

Das Geld nach Hause bringen

Japanische Investoren sind die größten ausländischen Inhaber von US-Staatsanleihen und besitzen alles, von brasilianischen Schulden über europäische Kraftwerke bis hin zu Bündeln von riskanten Krediten in den USA, wie Bloomberg weiter erläutert. Ein Anstieg der japanischen Kreditkosten drohe die Schwankungen an den globalen Anleihemärkten zu verstärken, welche durch den strafferen Kurs der Federal Reserve zur Inflationsbekämpfung und die neue Gefahr einer Kreditklemme erschüttert wurden. Vor diesem Hintergrund dürfte die straffere Geldpolitik der BOJ die Kreditgeber des Landes nach den jüngsten Bankenturbulenzen in den USA und Europa noch stärker auf den Prüfstand stellen.

Eine Änderung der Politik in Japan sei "eine zusätzliche Kraft, die nicht gewürdigt wird", und "alle G-3-Volkswirtschaften werden auf die eine oder andere Weise ihre Bilanzen abbauen und ihre Politik straffen", wenn dies geschehen sollte, sagte Jean Boivin, Leiter des BlackRock Investment Institute und ehemaliger stellvertretender Gouverneur der Bank of Canada. "Wenn man einen Preis kontrolliert und den Griff lockert, kann das schwierig und chaotisch sein. Wir glauben, dass es eine große Sache ist, was als Nächstes passiert."

Und die Trendumkehr ist bereits in vollem Gange. Japanische Anleger verkauften im vergangenen Jahr eine Rekordmenge an Auslandsanleihen, als die Renditen im Inland aufgrund von Spekulationen über eine Normalisierung der Geldpolitik der BOJ stiegen, heißt es bei Bloomberg weiter. "Man hat bereits den Beginn der Rückführung des Geldes nach Japan gesehen", so Jeffrey Atherton, Portfoliomanager bei Man GLG. "Es wäre logisch, dass sie das Geld nach Hause bringen und das Wechselkursrisiko nicht eingehen", zitiert das Portal Atherton, der den Japan CoreAlpha Equity Fund verwaltet.

Maßnahmen erst nach Lockerung der Spannungen?

Die Wetten auf eine Änderung der BOJ-Politik haben zuletzt jedoch nachgelassen. Grund dafür ist, dass die Veränderungen im Bankensektor dazu führen könnten, dass die politischen Entscheidungsträger die Finanzstabilität priorisieren. Investoren haben sich auf die Bilanzen japanischer Kreditinstitute konzentriert, da sie befürchten, dass sie ähnliche Spannungen aufweisen könnten wie regionale US-Banken, die in der Vergangenheit insolvent geworden sind. Trotz dieser Bedenken rechnen die Marktteilnehmer jedoch damit, dass die BOJ ihre Maßnahmen wieder aufgreifen wird, sobald die Spannungen nachgelassen haben. Eine kürzlich von Bloomberg durchgeführte Umfrage ergab, dass 41 Prozent der Beobachter der BOJ eine Straffung der Geldpolitik im Juni erwarten, gegenüber 26 Prozent im Februar, während der ehemalige stellvertretende Finanzminister Japans, Eisuke Sakakibara, äußerte, dass die BOJ die Zinssätze bis Oktober erhöhen könnte.

Insgesamt wird von Ueda jedoch erwartet, dass er das Tempo der geldpolitischen Straffung im Laufe dieses Jahres beschleunigt. Dazu könnte auch gehören, dass die Zentralbank die Kontrolle über die Renditen weiter lockert und ein gigantisches Anleihekaufprogramm zurückfährt, das die Kreditkosten drücken und die marode japanische Wirtschaft ankurbeln soll.

Redaktion finanzen.at

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