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08.11.2025 08:06:00
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CELAC-EU-Gipfel in Kolumbien betont "Relevanz des Multilateralismus"
Am Sonntag und Montag findet in Santa Marta (Kolumbien) der vierte Gipfel der EU mit den Ländern aus Lateinamerika und der Karibik (CELAC) statt. Zwei Jahre nach dem bisher letzten Treffen in Brüssel betonen beide Seiten die Relevanz des Multilateralismus im internationalen System und das gemeinsame Interesse, diesen durch weitere Kooperation zu stärken. Österreich ist in Vertretung von Bundeskanzler Christian Stocker mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger präsent.
An der Karibikküste von Kolumbien wird es um die Zusammenarbeit in den Bereichen Handel und Investitionen, grüner, digitaler und sozialer Wandel, Gesundheit und Bekämpfung von organisierter Kriminalität gehen. Schon am Freitag, 7. November, haben HERA, die "EU-Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen" und die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (OPS/PAHO) ein Abkommen unterzeichnet, um die globale Vorbereitung auf grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren zu stärken. Wichtige Punkte darin sind die Bereiche Forschung und Entwicklung, der Ausbau von Lieferketten und Kapazitäten im Gesundheitsbereich und der Austausch zu Nachfrage, Beschaffung und bewährten Vorgehensweisen. Durch die Zusammenarbeit soll der Zugang zu Medizin, beispielsweise zu Impfstoffen, aber auch Geräten verbessert werden. Das Abkommen tritt 2030 in Kraft.
Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) hat bereits angekündigt, weiter in der Partnerregion zu investieren. Seit 1978 hat die EIB mit über 17 Billionen Euro rund 350 Projekte in Lateinamerika und der Karibik unterstützt. Die neuen Investitionen, die EIB-Präsidentin Nadia Calvi�o auf ihrer Reise ankündigen wird, konzentrieren sich auf die Steigerung der Solar- und erneuerbaren Energieerzeugung sowie die Modernisierung der Wasserversorgungs-, Abwasseraufbereitungs- und Abfallwirtschaftssysteme zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und der Klimaresilienz. Sie seien in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission geplant worden, um die Global Gateway Strategie der EU zu unterstützen. Diese soll die Vernetzung mit Partnerländern in verschiedenen Bereichen stärken, um die europäische Konkurrenzfähigkeit gegenüber Ländern wie China auszubauen. Die Unterzeichnung der Investitionsagenda für die CELAC-Region war ein wichtiges Ergebnis des letzten Gipfels.
CELAC-Region mit 33, EU mit 27 Mitgliedern
Die CELAC-Region umfasst 33, die EU 27 Mitglieder. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Warenhandel zwischen den Regionen um über 52 Prozent gewachsen. Jener mit Dienstleistungen hat sich nahezu verdoppelt. Über eine Million Arbeitsplätze in der EU sind mit Ausfuhren in die lateinamerikanischen und karibischen Staaten verbunden. Für die EU ist die CELAC-Region vor allem auch wegen der kritischen Rohstoffe interessant.
Hervorgehoben werden aber auch die gemeinsamen Werte, mit denen man globalen Herausforderungen begegnen will. Die EU und die lateinamerikanischen und karibischen Staaten machen 14 Prozent der Weltbevölkerung und 21 Prozent des globalen BIP aus. Gemeinsam bilden sie ein Drittel der Mitglieder der Vereinten Nationen. Beide Regionen sind über die Entwicklungen im internationalen System besorgt und sehen eine engere Zusammenarbeit als essenziell, um weiterhin relevant zu sein.
Trotzdem konnte Gastgeber Kolumbien bis Freitagabend nur die Teilnahme von insgesamt zwölf Staatsoberhäuptern, sechs Vizepräsidenten und 23 Regierungschefs bestätigen. Der Präsident des Europäischen Rates, Ant�nio Costa, wird erwartet, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reist nicht zu dem Gipfel, "weil zu wenige Staatschefs teilnehmen", wie ein Kommissionssprecher sagt. Stattdessen wird die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, sie in Santa Marta vertreten und dort "mehrere bilaterale Treffen am Rande abhalten". Vertreter der EU betonten, dass sich die Beziehungen mit der Region vor allem auch auf subregionaler Ebene abspielen. Etwa, wenn es um den Handel zwischen der EU und den Staaten des Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) geht. Der EU-Mercosur-Deal steht nicht auf der offiziellen Agenda. Trotzdem ist er auch für die österreichische Außenministerin eine Priorität.
Meinl-Reisinger (NEOS) vertritt bei der Konferenz ÖVP-Bundeskanzler Stocker, der nach einer Rückenoperation rekonvaleszent ist. Bei dem Meeting soll es laut Aussendung ihres Büro unter anderem auch um den gemeinsamen Kampf gegen die organisierte Kriminalität, Korruption und Drogen- und Menschenhandel gehen. Meinl-Reisinger wird den Ministeriumsangaben zufolge bei ihrer Rede auf die Bedeutung der verstärkten Zusammenarbeit bei Wirtschaft, Sicherheit und globalen Themen eingehen und sich mit Amtskolleginnen aus verschiedenen Ländern zusätzlich über das Thema Migration austauschen. Diesbezüglich stehen auch bilaterale Gespräche mit ihren Amtskolleginnen und Amtskollegen aus Kolumbien, Brasilien, Peru, Costa Rica und Surinam auf dem Programm. Außerdem wird sie um Stimmen werben, für Österreichs Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Begleitet wird sie von der diesbezügliche Emissärin Ulrike Lunacek, die Gespräche zur Kandidatur führen wird.
Memorandum of Understanding im Bereich Mobilität und Migration mit Kolumbien
Meinl-Reisinger unterzeichnet außerdem mit Kolumbien ein Memorandum of Understanding im Bereich Mobilität und Migration, das nicht nur eine Rückübernahmeklausel für illegal aufhältige Personen beinhaltet, sondern auch Möglichkeiten der legalen Zuwanderung für qualifizierte Arbeitskräfte aus Kolumbien vorsieht. Nach dem Gipfeltreffen geht es für Meinl-Reisinger in die kolumbianische Hauptstadt Bogot� weiter, wo vor allem Termine mit österreichischen Wirtschaftstreibenden auf dem Programm stehen. Mit dem Bürgermeister der Stadt, Carlos Fernando Galan, besucht sie große städtische Infrastrukturprojekte, an denen auch österreichische Unternehmen beteiligt sind.
Politische Spannungen in der Karibik
Der Gipfel in Santa Marta findet vor dem Hintergrund politischer Spannungen in der Karibik statt. Die USA haben in den vergangenen Monaten wiederholt Boote in der Karibik angegriffen, mit der Begründung, dass es sich dabei um Drogenschmuggel handle. Seit Anfang September sind dabei über 60 Menschen gestorben. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, der Österreicher Volker Türk, hat die Angriffe laut dem UNO-Presseportal als "Verletzung von Internationalem Recht" bezeichnet.
Auch der Präsident Kolumbiens und Gastgeber des CELAC-EU-Gipfels, Gustavo Petro, hat seinen US-Kollegen Donald Trump mehrfach für die Angriffe kritisiert und ihm laut spanischer Nachrichtenagentur EFE vorgeworfen, in die politischen Dynamiken der Region eingreifen zu wollen. Brasiliens Präsident Luiz In�cio Lula da Silva möchte die Angriffe deshalb auf dem Gipfel mit der EU thematisieren. Er sieht CELAC als eine Region des Friedens und der Kooperation. Obwohl es stimmt, dass die Region vergleichsweise friedlich ist, spielt sie doch eine große Rolle, wenn es um Drogenproduktion und -handel geht. Auch für die EU wird das immer mehr zum Problem.
Zwischen 2014 und 2020 hat sich die Kokainproduktion verdoppelt. Das meiste Kokain kommt aus der Andenregion, 61 Prozent aus Kolumbien. 2021 haben die EU-Mitgliedstaaten 303 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Mehr als je zuvor. Laut dem wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments ist der Markt für die Droge in Europa um 416 Prozent gewachsen. Rund 40 Prozent aller kriminelle Netzwerke in der EU seien in den Drogenhandel verwickelt. Die Hälfte aller Morde in Europa stünden damit in Verbindung. Deshalb sind sowohl Europol aus auch Eurojust, das vom Österreicher Michael Schmid geleitet wird, um eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Partnern der CELAC-Region bemüht, um die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen.
fwi/ed/pat/mp/mri
WEB www.celac.org http://www.mercosur.int/ http://www.eib.org/
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