25.09.2015 18:05:46
|
Bundesregierung: Straffere Geldpolitik könnte Finanzstabilität nützen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hätte nichts gegen eine straffere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), wenn diese aus Gründen der Finanzstabilität nötig wäre. Wie aus der Antwort auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen hervor geht, glaubt die Bundesregierung nicht, dass die so genannte makroprudenzielle Aufsicht bereits für ausreichend Stabilität im Finanzsystem sorgen kann.
"Die Entwicklung und Erprobung der für die Finanzstabilität notwendigen Instrumente der makroprudenziellen Politik ist noch nicht abgeschlossen. Wie von der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom März 2015 darstellt, könnte daher eine symmetrische Geldpolitik, die in Aufschwungphasen tendenziell straffer ist als es allein die kurzfristige Inflationsentwicklung erfordert, zur Eindämmung von Risiken für die Finanzstabilität hilfreich sein", heißt es in der Antwort der Bundesregierung.
Der geldpolitische Schlüsselzins der EZB, zu dem sich Banken bei der Zentralbank refinanzieren, liegt derzeit bei 0,05 Prozent. Für Überschusseinlagen bei der EZB erhalten sie keine Zinsen mehr, sondern müssen 0,20 Prozent Zinsen zahlen. Die Wirtschaft des Euroraums wächst seit zwei Jahren, wobei die Inflation derzeit nahe Null liegt. Die EZB strebt aber mittelfristig knapp 2 Prozent Inflation an und denkt daher tendenziell über eine weitere Lockerung ihrer Politik nach.
Vor allem deutsche Banken und Versicherungen, aber auch private Sparer, leiden unter der anhaltenden Niedrigzinsphase. Ökonomen warnen, dass Banken und Anleger auf der Suche nach Rendite mehr Risiken eingehen werden, was ein Risiko für die Finanzstabilität wäre.
Laut Bundesbank hätte die Notenbank ein Motiv, sich gegen Entwicklungen an den Finanzmärkten zu stellen, die das Risiko und Ausmaß einer Krise erhöhen, obwohl das zu einer vorübergehenden Abweichung von ihren klassischen Zielwerten Inflation und Produktionslücke führt.
Besonders unmittelbar nach der Finanzkrise 2008 war eine solche Politik des "Leaning against the wind" viel diskutiert worden. Befolgt wird sie allerdings von keiner Notenbank, weil die die Finanzkrise die Realwirtschaft sehr stark in Mitleidenschaft gezogen hat und sehr niedrige Zinsen für angemessen gelten. Selbst Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte kürzlich gesagt, für die nächsten ein bis zwei Jahre sei nicht mit höheren Zinsen zu rechnen.
Allerdings beobachtet die Bundesbank genau die Entwicklung an Märkten, die anfällig für Preisübertreibungen in Niedrigzinsphasen sind. Das gilt vor allem für den Immobilienmarkt, an dem die Preise seit einiger Zeit kräftig steigen. Bisher geht diese Entwicklung noch nicht mit einer höheren Verschuldung einher. Gleichwohl bereitet die Bundesregierung derzeit Instrumente vor, mit denen einer Preisblase am Immobilienmarkt entgegengewirkt werden könnte.
Die Bundesregierung weist in der Beantwortung der Anfrage darauf hin, dass zur Überwachung makroprudenzieller Risiken 2013 beim Bundesministerium der Finanzen der Ausschuss für Finanzstabilität errichtet worden ist. Die Stabilität des europäischen Finanzsystems in seiner Gesamtheit wird seit Ende 2010 vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board - ESRB) überwacht, der systemische Risiken analysiert, frühzeitig vor ihnen warnt und Empfehlungen zur Beseitigung dieser Risiken abgibt.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/jhe
(END) Dow Jones Newswires
September 25, 2015 11:35 ET (15:35 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.- - 11 35 AM EDT 09-25-15
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!