18.07.2016 18:12:45
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Bundesbank begrenzt Kreditdatensammlung für kleine Banken
Von Hans-Joachim Koch
FRANKFURT (Dow Jones)--Wenn im September 2018 die umfassende Sammlung von Kreditdaten (Anacredit) startet, die die Europäische Zentralbank (EZB) im Mai dieses Jahres beschlossen hat, gibt es für deutsche Institute einige Erleichterungen. Die Bundesbank hat dabei den Spielraum genutzt, den die EZB den nationalen Zentralbanken bei der Ausgestaltung einräumt. Den Bankenverbänden geht dies aber nicht weit genug, zudem kritisieren sie weiterhin den kostenträchtigen hohen Bürokratie-Aufwand.
Die Bundesbank hat jetzt die Datenmengen begrenzt, die kleinere Institute abliefern müssen. Von dieser Sonderregelung profitieren die rund 750 kleinsten Banken in Deutschland. Für alle Banken gilt, dass sie für Bestandskredite nur den Mindestumfang an Informationen übermitteln müssen. Gestrichen werden jene Daten, die laut Bundesbank üblicherweise nicht in den IT-Systemen der Banken hinterlegt sind.
Anacredit sieht eigentlich die Übermittlung von 89 Merkmalen für jeden vergebenen Kredit vor, wobei die Meldeschwelle bei 25.000 Euro je Bank und Kreditnehmer liegt. Mit den spezifischen Erleichterungen, die nach Bundesbank-Angaben aus einer Kosten-Nutzen-Abwägung resultierten, sind es nun nur 17 bis 26 Merkmale.
Meldeschwelle sinkt auf ein Vierzigstel Wie feingliedrig die Auswertung in Zukunft möglich sein wird, zeigt die bisherige Meldeschwelle in Deutschland. Sie wird von 1 Million Euro, dem höchsten Wert in Europa, auf ein Vierzigstel davon sinken.
Dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der viele der kleinen Häuser in seinen Reihen hat, gehen die Lockerungen noch nicht weit genug. So hätte die Bundesbank das Recht gehabt, Kleinbanken komplett von der Meldepflicht zu befreien. BVR-Vorstand Gerhard Hofmann moniert zudem, dass weiter eine transparente und aussagefähige Nutzen-Kosten-Analyse fehle. Denn andere große Notenbanken wie jene in den USA, Japan und Großbritannien benötigten "derart granulare Daten" zur Kreditvergabe nicht, um ihre geldpolitischen Analysemöglichkeiten zu verbessern.
Auch das vom Ausschuss für Finanzstabilität vorgeschlagene zusätzliche Melderegister für Wohnungsbaudarlehen an Privatpersonen ist dem BVR wie auch dem Bundesverband deutscher Banken ein Dorn im Auge. Dies solle zurückgestellt werden, bis die EZB diese Daten in einer weiteren Ausbaustufe von Anacredit erfasst, so ihre einhellige Position.
Hoher Bürokratie-Aufwand Erwartungsgemäß kritisch sehen beide Verbände den auch nach den Modifizierungen weiterhin hohen bürokratischen Aufwand. Der Bankenverband fordert zu prüfen, welche bereits bestehenden Meldeanforderungen mit Anacredit entfallen können.
Die Bundesbank hält entgegen, dass die Erleichterungen "im Europavergleich als überdurchschnittlich einzuschätzen" seien. Sie verweist auf sieben Zentralbanken, die gar kein Entgegenkommen für kleinere Institute zeigten.
Das große Ziel des Projekts ist, dass die Banken des Euroraums ab Herbst 2018 alle an Unternehmen und Staaten vergebene Kredite ab dem Mindestwert an die EZB melden. Kredite an Privatpersonen werden nicht erfasst. Anacredit betrifft rund 5.000 Banken mit 15 Millionen Gläubigern und rund 100 Millionen Krediten.
Damit wird die EZB ab 2018 wissen, welche Bank welchem Unternehmen wie viel geliehen hat. Sie erhält damit Informationen über die wirtschaftliche Lage einzelner Unternehmen und über die Wirtschaftssektoren in den Ländern des Euroraums. Dabei erfährt sie natürlich auch, wie die Kreditnachfrage- und -angebotssituation ist, wie es den kleineren Unternehmen geht, wie wirksam ihre Geldpolitik ist und welchen Risiken die Banken ausgesetzt sind.
(Mitarbeit: Hans Bentzien)
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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July 18, 2016 11:42 ET (15:42 GMT)
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