05.11.2021 18:50:00
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Budget: Experten empfehlen Reformen bei Pflege und Pendlerförderungen
Im Budgetausschuss des Nationalrats haben am Freitag Experten die Haushaltpläne der Regierung analysiert und ihre Empfehlungen abgegeben. Die Positionen der von den fünf Parlamentsparteien nominierten Experten waren naturgemäß unterschiedlich, in vielen Punkten gab es aber auch weitgehende Einigung. So wurden Reformen im Pflegebereich, bei den Pensionen und bei den umweltschädlichen Förderungen empfohlen. Auf den Weg gebracht wurde im Ausschuss das Budgetbegleitgesetz.
Der scheidende Chef des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), Christoph Badelt, lieferte sich in der Debatte ein kleines Scharmützel mit der FPÖ. Die Freiheitlichen wollten wissen, ob 3G bzw. 2,5G am Arbeitsplatz zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Entwicklung führen würde. Badelt entgegnete in Anspielung auf die Aussagen von FPÖ-Chef Herbert Kickl, dass die Pandemie besser bekämpft werden könnte, wenn man die Leute zur Impfung überrede und ihnen nicht die Einnahme von Vitamin C empfehlen würde. Eine weitere Dramatisierung der Corona-Lage berge aber auf jeden Fall eine gewisse Gefahr für die Budgetentwicklung.
Grundsätzlich hatte Badelt viele lobende Worte für das Budget der türkis-grünen Regierung. Dieses sei "insgesamt positiv" zu beurteilen, weil es einen großen Schritt in Richtung Schuldenabbau und Normalität setze. Die ökosoziale Steuerreform sei ebenfalls begrüßenswert, allerdings sollten das Pendlerpauschale im ökologischen Sinne reformiert und das Dieselprivileg abgeschafft werden. "Wir brauchen auch dringend Strukturreformen, um die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen zu sichern", so Badelt. Er sprach sich gegen außertourliche Pensionserhöhungen aus. Diese kosten enorm viel und bringen sozial nichts.
Für eine grundlegende Reform der Pendlerförderung sprach sich auch Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller aus. Diese sollte ökologisch sowie sozialgerechter reformiert werden. Notwendig seien zudem Maßnahmen zu Erhöhung des faktischen Pensionsalters. Auch einen höheren CO2-Preis als die vorgesehenen 30 Euro pro Tonne im ersten Jahr hätte sich Schratzenstaller gewünscht. Der Klimabonus fand sie als Einstieg in Ordnung, man sollte diesen jedoch nach einigen Jahren evaluieren und über neue Instrumente nachdenken. Als begleitende Maßnahmen seien jedenfalls Investitionen in klimafreundliche Mobilität notwendig.
Für den von der FPÖ nominierten Martin Gundinger vom Austrian Economics Center ist das Budget "voll mit Annahmen und Unsicherheiten". Er kritisierte zudem, dass die kalte Progression nicht abgeschafft werde und durch den Klimabonus den Effekt zur Reduktion der Emissionen "weniger stark ausfällt oder komplett konterkariert wird". Die von den NEOS nominierte Expertin Monika Köppl-Turyna vom EcoAustria Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte die starke Belastung des Faktors Arbeit. Die Steuerreform sei eine Entlastung, aber sie sei nicht groß genug. Investitionen forderte sie im Bereich der Elementarpädagogik.
Markus Marterbauer von der Arbeiterkammer Wien verlangte ebenfalls mehr Geld und zwar für Bildung, Pflege und Gesundheit. "Den österreichischen Sozialstaat auszubauen ist eine der wichtigsten Lehren aus der Krise." Dazu brauche es einen Beitrag von Vermögensteuern, denn diese seien derzeit praktisch nicht vorhanden. Kritik übte er an der geplanten Senkung der Körperschaftssteuer. Diese werde lediglich zu mehr Ausschüttungen an Aktionäre sorgen, aber nicht für mehr Investitionen.
Unzufrieden zeigte sich Marterbauer auch mit der Erhöhung des Familienbonus. Er halte diesen für "kein gutes Instrument". Der Ausbau der Kindergartenbetreuung wäre besser gewesen. Es brauche zudem mehr Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Enttäuscht zeigte er sich darüber, dass die dringend nötige Pflegereform im Budget nicht abgebildet ist. "Jedes Jahr, das wir verlieren ist dramatisch."
Im Anschluss an das Hearing wurde im Ausschuss das Budgetbegleitgesetz 2022 behandelt. Im Zentrum steht darin das geplante Gewaltschutzpaket der Regierung, aber auch weitere Maßnahmen zum Haushalt 2022, darunter die höheren Umweltförderungen, eine Erhöhung der Schülerbeihilfen und die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation. Die geplanten Maßnahmen werden im Jahr 2022 zu Mehrauszahlungen von 316,1 Mio. Euro führen, bis 2025 steigen sie auf 670,1 Mio. Euro an. Bei der Abstimmung wurde das Budgetbegleitgesetz teils einstimmig, teils ohne der Stimmen der SPÖ bzw. der NEOS beschlossen, berichtete die Parlamentskorrespondenz.
ham/pm/wim
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