06.01.2011 12:23:41

Branchenvertreter: Jeder Lebensversicherer sollte eigenen Garantiezins bekommen

    FRANKFURT (dpa-AFX) - In die Debatte um den Garantiezins für deutsche Lebensversicherungen kommt Bewegung. Kurt Wolfsdorf, Vorstandsmitglied der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), fordert in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Donnerstag), dass für jeden Versicherer künftig ein eigener Zins ermittelt werden solle. Demnach könnten Unternehmen mit geringeren Risiken oder größeren Sicherheitsmitteln ihren Kunden höhere Garantien versprechen. Damit solle auf das anhaltende Niedrigzinsniveau, neue Risiken am Kapitalmarkt und das veränderte Kapitalanlageverhalten der Unternehmen reagiert werden.

 

    Nach Wolfsdorfs Vorschlag könnten sich die Versicherer nicht nur über die gezahlte Überschussrendite, sondern auch über ihren Garantiezins unterscheiden. Jedes Unternehmen müsse seine Kapitalanlagen aufschlüsseln und seine künftigen Erträge prognostizieren. Auf dieser Basis könnten sie dann bei der Bafin ihren individuellen Rechnungszins beantragen.

 

    Bislang gibt die DAV, die Interessenvertretung der Versicherungsmathematiker , einmal im Jahr eine Empfehlung für den Höchstrechnungszins. Das ist faktisch die höchste Verzinsung, die die Versicherer für klassische Lebensversicherungsverträge garantieren dürfen. Hinzu kommt die Überschussbeteiligung, die allerdings nicht garantiert ist. Bei ihrer Empfehlung für den Höchstrechnungszins stützt sich die DAV auf einen Durchschnittswert der Umlaufrenditen europäischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit über die vergangenen zehn Jahre. Der Rechnungszins darf 60 Prozent dieses Werts nicht überschreiten.

 

    In diesem Jahr will sich das Bundesfinanzministerium allerdings anders als üblich nicht an die DAV-Empfehlung halten und den Garantiezins schon zum 1. Juli von 2,25 auf 1,75 Prozent senken. "Das bisherige Verfahren spiegelt nicht mehr die Anlagestrategie der Unternehmen wider", sagte Wolfsdorf, der in der Vergangenheit sowohl der Aufsichtsbehörde diente als auch im Vorstand mehrerer Versicherer saß und heute für die Beratungsgesellschaft Deloitte arbeitet.

 

    Dominierten früher Anleihen von Staaten und Unternehmen mit hoher Bonität die Wertpapierbestände der Versicherer, fänden sich darin heute sowohl sehr niedrig verzinsliche sichere Anleihen wie auch Titel aus den europäischen Peripheriestaaten, sagte Wolfsdorf. Für diese bestehe die Gefahr, dass sie vorübergehend nicht den vereinbarten Zins bedienen können oder sogar dauerhaft an Wert verlieren. Dies gelte etwa, wenn Gläubiger in einer Staatsschuldenkrise an den Verlusten beteiligt würden. "Die Zukunftsszenarien müssen deshalb auch Teil- oder Totalausfälle von Anleihen mit einbeziehen", fordert Wolfsdorf./stw/zb/tw

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