15.06.2016 22:17:39

Börsen-Zeitung: Reichlich Luft nach oben, Kommentar zur Deutschen Bahn von Ulli Gericke

Frankfurt (ots) - Mit dem (noch) teurer werdenden Tiefbahnhof Stuttgart 21 und dem defizitären Schienengüterverkehr standen gestern zwei Aufregerthemen im Mittelpunkt der Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn. Die Diskussion wäre aber nicht weniger heftig gewesen, wäre es um den Fernverkehr gegangen, der immer weniger Geld verdient, oder um den Regionalverkehr, wo die roten Züge stetig Marktanteile verlieren. Und wenn im Herbst die Teilprivatisierung der internationalen Güter- und Personenverkehre von Schenker und Arriva ansteht, haben die Fraktionsvize von Union und SPD im Bundestag schon heute Mitspracherechte bei dem umstrittenen Vorhaben eingefordert. Aufregerthemen sind bei der Bahn also nicht nur der milliardenteure Bahnhof S21, sondern eigentlich alle Sparten - da sie sich fast durchgängig schlechter entwickeln als erwartet.

Dafür trägt das gesamte Management die Verantwortung. Allen voran Vorstandschef Rüdiger Grube, der das Brot-und-Butter-Geschäft schon zu seinem Amtsantritt vor sieben Jahren ins Zentrum des Handelns stellte und sich erst jetzt intensiv um pünktliche Züge kümmert und kostentreibende Doppelstrukturen abschafft. Das war schon lange überfällig. Und doch wird Grube aller Voraussicht nach - und sei's auch nur, weil in der Vorwahlzeit Alternativen fehlen - der einzige sein, der von den operativ tätigen Vorständen "überlebt", nachdem nach den plötzlichen Kostensteigerungen bei S21 auch Infrastrukturvorstand Volker Kefer ausscheidet. Auch von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla, für Recht und Regulierung zuständig, droht Grube (noch) keine Gefahr, würde die SPD dem Aufstieg des CDU-Mannes doch nur gegen umfangreiche Zugeständnisse zustimmen.

Genau dies zeigt das eigentliche Dilemma des Staatskonzerns Bahn: Die Politik ist immer dabei. Natürlich, der Bund ist Eigentümer und finanziert über Länderzuschüsse den Regionalverkehr sowie den Ausbau des Gleisnetzes, wie er auch den Bau von Autobahnen zahlt. Doch welche Prioritäten hat eigentlich der Bund? Er beklagt die Probleme im Fernverkehr - und weigert sich, die Fernbusse mit einer Autobahnmaut zu belegen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Soll die Bahn, auch im Ausland, Rendite einfahren, um ihre enormen Investitionen stemmen zu können, oder soll sie, wie die Umweltministerin fordert, aus ökologischen Gründen jede noch so kleine Güterverkehrsstelle anfahren? Neben dem Vorstand ist auch der Bund für konsistentes Handeln verantwortlich. Auch hier gibt es reichlich Luft nach oben.

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