25.04.2014 21:03:58

Börsen-Zeitung: Krise wird ausgeblendet, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Investoren werden bekanntlich von Renditen angelockt, und zwar von hohen bzw. attraktiven Renditen. Und diese hohen Renditen finden die Anleger momentan unter anderem bei Anleihen aus der Eurozonenperipherie. 2,85%, 3,10%, 3,14% und 3,66% - das ist an den Märkten im Bereich der Peripherie derzeit die Definition von hoch bzw. attraktiv. Denn das sind die Sätze, die zehnjährige Staatsanleihen aus Irland, Spanien, Italien und Portugal am Freitag der abgelaufenen Woche abwarfen. Richtig - die Krisenländer! Diese Sätze waren vor drei Jahren, als die Staatsschuldenkrise in vollem Gange war, das Renditeniveau des Bundes. BBB-Staaten liegen heute auf dem Zins- bzw. Renditeniveau eines Triple-A-Landes vor drei Jahren. Nur Griechenland muss mit gut 6% mehr bezahlen. Derartige Sätze liegen beim Bund zugegebenermaßen noch etwas weiter in der Vergangenheit. Wenn dieser Renditeabstieg in der Peripherie in diesem Ausmaß weitergeht, dann wird der Bund wohl irgendwann einen Pick-up gegenüber der Peripherie bieten und die Anleger kehren auf ihrer Jagd nach Rendite um und streichen die hohen Sätze dann beim Bund ein. Spaß beiseite - so irrsinnig wird es dann wohl doch nicht werden. Hoffentlich!

Nun auf Niveau des Bundes

Ohne Frage spiegelt der Renditerückgang in der Peripherie eine verbesserte konjunkturelle Entwicklung sowie entsprechende Hoffnungen auf eine weitergehende wirtschaftliche Belebung, anhaltende Haushaltskonsolidierung, eine Erholung am Arbeitsmarkt, wettbewerbsfähigere Volkswirtschaften etc. wider. Aber das Ausmaß des Renditerückgangs seit Mitte 2012 ist damit wahrlich nicht zu erklären. Spanien lag zum Höhepunkt der Krise bei zehnjährigen Bondrenditen von mehr als 7,5%. Bei Griechenland waren Renditen von 20% und mehr an der Tagesordnung. Und nun bei Spanien, Italien, Irland und Portugal Bund-Niveau des Jahres 2011?

Der enorme Renditerückgang ist zum größten Teil auf zwei andere Gründe zurückzuführen. Seit Mitte 2012 wirkt am Peripheriemarkt der sogenannte Draghi-Put. Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, hatte den Marktteilnehmern seinerzeit in Aussicht gestellt, den Krisenländern im Fall der Fälle mit umfangreichen Bondkäufen zur Seite zu stehen. Seitdem greifen die Anleger in der Peripherie zu, denn sie wissen, dass sie die Papiere bei einem Kurssturz der EZB andienen können. Diese verstärkten Käufe führen zu den Renditerückgängen und den enormen Spread-Einengungen gegenüber den Bundesanleihen. Der Spread zwischen Bund - die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe war am Freitag knapp unter 1,5% - und Irland ist damit bei rund 140 Basispunkten. Das sah bekanntlich auch schon mal anders aus. Derartig enge Spreads zwischen mit BBB-Rating benoteten Staaten und dem Benchmark-Emittenten der Eurozone dürfen wohl zumindest als ein wenig übertrieben eingestuft werden. Gerechtfertigt sind diese Spread- bzw. Renditeniveaus mitnichten.

Befeuert wird der Renditeabstieg der Peripherieanleihen aber auch noch durch einen weiteren Faktor: den festen Euro-Wechselkurs und die Befürchtung, dass es zu einer Deflation kommen könnte. Viele Marktteilnehmer rechnen damit, dass die europäischen Währungshüter zu unkonventionellen Maßnahmen greifen werden, um den Euro-Kurs in den Griff zu bekommen bzw. sich gegen die Deflation(sgefahren) zu stellen. Damit rückt ein Renditeanstieg in Europa noch weiter in die Ferne, d.h. die Renditen bleiben niedrig. Die Anleger zurren deshalb jeden noch so kleinen Rendite-Pick-up in der Peripherie fest. Diese Investments führen wiederum zu weiteren Renditerückgängen. Und wenn Investoren davon ausgehen, dass gute 3% bei zehnjährigen Peripheriebonds bald schon der Vergangenheit angehören werden und dann nur noch 2,9% oder 2,7% zu bekommen sind, und deshalb kräftig zugreifen, entsteht eine Abwärtsspirale. Der Markt entfernt sich damit immer mehr von der fundamental gerechtfertigten Renditerealität.

Nicht gerade beruhigend

Denn die Renditen liegen derzeit auf mehrjährigen Tiefs oder auf den tiefsten Ständen seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Anders ausgedrückt: Die Jagd der Investoren nach Rendite(-Pick-ups) hat dazu geführt, dass die Staatsschuldenkrise, die sich ohne Zweifel deutlich entspannt hat, am Markt angesichts des Preisniveaus mittlerweile aber vollkommen ausgeblendet wird. Das Auseinanderklaffen von Marktbewertungen und ökonomischer Realität war in der Vergangenheit meist kein beruhigendes Signal.

OTS: Börsen-Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30377 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion

Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!